NSU-Prozess: Böhnhardt-Jugendfreund mit Kindermord konfrontiert
München (dpa) - Beim NSU-Prozess haben Nebenkläger-Vertreter einen Jugendfreund von Uwe Böhnhardt mit einem ungeklärten Kindermord in Jena aus dem Jahr 1993 konfrontiert.
Sie hielten ihm am Mittwoch mehrere Passagen aus Polizeivernehmungen vor. Darin heißt es, die Polizei habe ihn als Verdächtigen für den Mord an dem damals neun Jahre alten Bernd Beckmann geführt.
Der Jugendfreund soll demnach 2012, wenige Monate nach dem Auffliegen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU), gesagt haben: „Mein Bootsmotor wurde damals in der Nähe der Leiche gefunden, und ich soll diesen damals dahingelegt haben.“ Nachdem er in der Presse von den Taten des NSU-Trios gelesen habe, glaube er aber, dass Böhnhardt mit dem Mord an dem Kind etwas zu tun gehabt haben könne.
Vor Gericht behauptete der Zeuge, er erinnere sich nicht mehr daran. Auf mehrfache Nachfragen räumte er nur einen Streit mit Böhnhardt ein. Dabei sei es um „Sachen“ gegangen, die er in einem Brückenpfeiler am Saale-Ufer in Jena versteckt und von denen Böhnhardt etwas weggenommen habe.
Die Bundesanwaltschaft hält den Zeugen für einen der Beschaffer der „Ceska“-Pistole, mit der die NSU-Terroristen neun ihrer zehn Mordopfer erschossen haben sollen. Zu seiner Rolle bei diesem Geschäft und über seine Kontakte zu einem weiteren möglichen Waffenbeschaffer in der Schweiz machte der Zeuge aber so gut wie keine Angaben und sagte immer wieder, er erinnere sich nicht. Der Vorsitzende Richter ermahnte ihn mehrmals, wahrheitsgemäß zu antworten, was auch bedeute, dass er wissentlich keine Tatsachen verschweigen dürfe.
Die Bundesanwaltschaft warf dem Zeugen am Ende der Vernehmung „uneidliche Falschaussage“ vor und beantragte, entsprechende Fragen und Antworten zu protokollieren. Dabei ging es auch um eine Reise vor wenigen Wochen in die Schweiz, zu der der Zeuge sagte, er erinnere sich nicht, ob er dort mit seinem Freund über den NSU-Prozess und seine anstehende Vernehmung gesprochen habe.
Zuvor hatte ein Ermittler des Bundeskriminalamtes einen Einblick in die konspirativen Strukturen des NSU-Trios und seiner Helfer gegeben. Er stützte sich dabei auf die Polizeivernehmung eines inzwischen ausgestiegenen Neonazis, der vorübergehend mit Beate Zschäpe, der einzigen Überlebenden des NSU-Trios, liiert war.
Den Mitangeklagten Ralf Wohlleben habe der Aussteiger als den „intellektuellen Kopf“ der Gruppe bezeichnet. Bei einem Treffen mit den Untergetauchten in einer Fluchtwohnung sei er nach eigenen Angaben von Uwe Mundlos bedroht worden, weil er vergessen habe, sein Handy vorher auszuschalten. „Es war allgemein bekannt, dass die Szene vom Verfassungsschutz durchsetzt war“, zitierte der Vorsitzende Richter aus dem Vernehmungsprotokoll.