Opposition will rasche Beratung über AKW-Ausstieg
Berlin (dpa) - Die Opposition im Bundestag ist weitgehend bereit, den Fahrplan der schwarz-gelben Bundesregierung für einen schnellen Atomausstieg mitzutragen.
SPD und Grüne plädierten am Montag nach einem Treffen der Partei- und Fraktionschefs mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin für ein zügiges parlamentarisches Verfahren. Die Linke kritisierte, unter Zeitdruck werde eine gründliche Beratung zur Farce.
Schwarz-Gelb will die Energiewende in insgesamt sieben Gesetze gießen. Mehrere davon seien im Bundesrat zustimmungspflichtig, hieß es. Hier haben Union und FDP keine Mehrheit. Merkel machte bereits vor dem Treffen mit der Opposition im CDU-Vorstand deutlich, man wolle kein Energiekonzept gegen den Rest der Welt machen. Sie hatte am Wochenende angedeutet, dass es beim Ausstieg ein Konzept mit einer Kombination aus festen Abschaltjahren und Strommengen für die AKW geben könnte. Für Ende Mai hat Merkel nach Grünen-Angaben erneut ins Kanzleramt eingeladen.
Nach Widerstand der Opposition, aber auch aus den eigenen Reihen will Schwarz-Gelb nun am 6. Juni die Energiewende im Kabinett verabschieden. Bis zum 8. Juli sollen sich dann Bundestag und Bundesrat mit den Entwürfen befassen. Ursprünglich sollte die Länderkammer bereits am 17. Juni über die Energiewende abstimmen. Dann ist das dreimonatige Moratorium der Bundesregierung abgelaufen.
Die Atomkraftwerksbetreiber könnten in den drei Wochen zwischen dem Auslaufen des Moratoriums und der Beratung in der Länderkammer auf den Gedanken kommen, die zunächst vorübergehend abgeschalteten älteren Kraftwerke wieder hochfahren. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe zeigte sich aber zuversichtlich, dass bei allen Beteiligten Einsicht herrsche, dass es sich nicht lohne, für einige Tage ein AKW ans Netz zu nehmen, um es einige Tage später wieder herunterzufahren.
Der CDU-Vorstand verabschiedete ein eigenes Konzept, mit dem er sich hinter die von Schwarz-Gelb geplante Energiewende stellt. Die CDU-Spitze nennt in ihrem Energie-Papier keinen konkreten Zeitpunkt für einen Atomausstieg und macht auch zu Kosten und Finanzierung nur vage Angaben.
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) beriet am Montag mit seinen Kollegen aus den Ländern über einen schnelleren Ausbau der Netze. Es gebe eine grundsätzliche Bereitschaft dazu, sagte Brüderle im Anschluss. „Aber wir haben es noch nicht im Kasten.“
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte nach dem Gespräch im Kanzleramt, wenn es gelinge, angemessen auch über Alternativen zu diskutieren, „dann kann das Ganze in diesem Sommer beschlossen werden“. Die Regierung brauche die Opposition. Die Grünen-Fraktionschefs Jürgen Trittin und Renate Künast erklärten: „Wir Grüne sind bereit für ein zügiges parlamentarisches Ausstiegsverfahren.“ Linken-Fraktionsvize Dietmar Bartsch zweifelt, dass bei dem Druck eine ausreichende Bürgerbeteiligung möglich sei.
Nach dem CDU-Papier ist es möglich, die Stromversorgung innerhalb einer Generation weitestgehend aus Ökoenergien zu bestreiten. Mit einer sicheren, preiswerten und ökologischen Energieversorgung eröffne sich auch ein zukunftsweisender und schnell wachsender Markt. Der Einsatz heimischer Energieträger wie Braunkohle sei sinnvoll, um die Abhängigkeit von Energieimporten zu mindern. Auf Kohle- und Gaskraftwerke könne nicht verzichtet werden.
In dem CDU-Beschluss wurde laut Gröhe im Zusammenhang mit der Endlagersuche eine Formulierung aufgenommen, die sich mit dem niedersächsischen Gorleben befasst. Ein solcher Passus war in einer früheren Fassung herausgestrichen worden.
Der Vorsitzende des CDU/CSU-Parlamentskreises Mittelstand, Michael Fuchs, sagte der „Passauer Neuen Presse“ (Montag): „Das Enddatum für einen verantwortbaren Ausstieg aus der Kernenergie dürfte zwischen 2020 und 2023 liegen.“ Nach dem rot-grünen Gesetz wäre das letzte Atomkraftwerk um 2022 vom Netz gegangen. Inzwischen gehen Grüne von einem möglichen Ausstieg im Jahr 2017 aus.