Schützenhilfe für Guttenberg
Berlin (dpa) - Entlastung für den angeschlagenen Karl-Theodor zu Guttenberg: Nach dem vorläufigen Höhepunkt der Plagiatsaffäre lockert Finanzminister Wolfgang Schäuble überraschend das Spardiktat für den Verteidigungsminister.
Der hat nun bis Ende 2015 - ein Jahr mehr - Zeit, gut 8,3 Milliarden Euro zu sparen. Das sieht Schäubles Etatrahmen vor, den die FDP aber so nicht mittragen will. Die Opposition hielt den Druck auf den Minister aufrecht, warf ihm am Donnerstag erneut Hochstapelei vor und forderte seine Entlassung.
Auch für die Universität Bayreuth ist der Fall Guttenberg mit der Aberkennung des Doktortitels noch lange nicht abgeschlossen. Es werde geprüft, ob der CSU-Politiker die Promotionskommission mit seiner Doktorarbeit getäuscht habe, sagte Präsident Rüdiger Bormann. „Einen Täuschungsvorsatz nachzuweisen, ist sehr komplex und langwierig, zumal zu Guttenberg diesen Vorwurf bestreitet“, sagte er der dpa.
Der Ältestenrat des Bundestags befasst sich ebenfalls mit dem Fall Guttenberg. Ein Beschluss über die Einleitung einer Überprüfung der Doktorarbeit wurde aber mit Koalitionsmehrheit vertagt. Die Opposition will klären lassen, welche Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes in die Doktorarbeit eingeflossen sind und ob das Urheberrecht verletzt wurde. Guttenberg hatte am Mittwoch im Bundestag eingeräumt, in seiner Dissertation auf vier Ausarbeitungen der Parlamentsexperten zurückgegriffen zu haben.
Die Opposition geht von sechs aus. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sagte laut Teilnehmern in der Sitzung, nach jetzigem Stand liege für keines der sechs Gutachten eine Genehmigung der Bundestagsverwaltung zur Veröffentlichung vor.
Guttenberg hatte am Donnerstag seinen zweiten Auftritt im Bundestag innerhalb von zwei Tagen. Am Mittwoch hatte er sich in der Doktor-Affäre zu rechtfertigen, am Donnerstag warb er für die Aussetzung der Wehrpflicht. „Wir können einen gewichtigen, einen gewaltigen Schritt vorangehen“, sagte er im Bundestag. Die Aussetzung der Wehrpflicht ist die erste Stufe eines tiefgreifenden Umbaus der Bundeswehr.
Der Streit um die Finanzierung der Reform ist nun zumindest innerhalb der Union beigelegt. Die Streckung des Spardiktats stieß aber auf heftige Kritik der FDP. „Das Sparpaket gilt und kann auch auf der Zeitachse nicht verschoben werden“, sagte der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke.
In einer Emnid-Umfrage für den Fernsehsender N24 üben gut Dreiviertel der Befragten Kritik am Krisenmanagement Guttenbergs. 79 Prozent sagten, er hätte sofort zu Beginn der Affäre das ganze Ausmaß seiner Verfehlungen zugeben sollen. Insgesamt habe Guttenberg die Affäre aber ganz gut gemeistert, sagen 47 Prozent. Das Vertrauen in die Fachkompetenz des Ministers hat demnach so gut wie nicht gelitten. So sagen 73 Prozent, Guttenberg leiste gute Arbeit als Minister, nur 17 Prozent sind hier unzufrieden.
Die Opposition setzte im Bundestag nach. SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisierte, Guttenberg habe sich über Recht, Gesetz und Regeln gesetzt: „Jeder weiß, dass wir es mit einem politischen Hochstapler zu tun haben.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse mit seiner Entlassung „Schaden von unserem Land und von den Institutionen“ abwenden.
Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Oberst Ulrich Kirsch, rief im ZDF zwar dazu auf, wegen der Bundeswehrreform zur Sacharbeit zurückzukehren. Mit Blick auf Guttenberg sagte er aber der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“: „Die Glaubwürdigkeit des Ministers ist angekratzt. Sein Krisenmanagement ist nicht optimal.“