Vorwürfe gegen Guttenberg werden heftiger
Berlin (dpa) - Immer neue Plagiatsvorwürfe gegen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg: Die Zahl der Autoren, von denen der CSU-Politiker abgeschrieben haben soll, ist inzwischen auf 15 gestiegen - darunter mit Rupert Scholz (CDU) einer seiner Amtsvorgänger.
Die Universität Bayreuth forderte eine Stellungnahme von Guttenberg innerhalb von zwei Wochen. Der Minister reiste zunächst zu einem schon länger geplanten Truppenbesuch nach Afghanistan. Nach der Rückkehr sagte er am Donnerstagabend einen Auftritt bei einem CDU-Kreisverband in Sachsen-Anhalt kurzfristig ab. Im Ministerium hieß es, Guttenberg sei „in Berlin gebunden“. Am Donnerstagabend suchte der Minister zu Gesprächen das Kanzleramt auf. Nähere Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt. ZDF und ARD berichteten übereinstimmend, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe einige Erklärungen verlangt.
Die Doktorarbeit von Guttenberg wird nicht nur von Medien, sondern auch von Plagiatsjägern im Internet genau seziert. Mehr als 30 Fundstellen sind dort inzwischen aufgelistet. Der Präsident der Universität Bayreuth, Rüdiger Bormann, setzte ihm am Donnerstag eine zweiwöchige Frist, dazu Stellung zu nehmen.
Er gehe davon aus, dass Guttenberg eine ehrenwörtliche Erklärung abgegeben habe, die Arbeit selbstständig verfasst und alle Quellen offengelegt zu haben, sagte Bormann. „Wir nehmen die Vorwürfe sehr ernst.“ Die Uni habe sehr strenge Qualitätsmaßstäbe. „Wir sind gut beraten, diese einzuhalten.“ Zu möglichen Konsequenzen wollte sich Bormann nicht äußern. Die Folgen reichen von der Aufforderung, die Doktorarbeit nachzubessern, bis zur Aberkennung des Doktortitels.
Die Plagiatsvorwürfe weiteten sich unterdessen aus: Der Bremer Rechtsprofessor Andreas Fischer-Lescano hatte mindestens acht Autoren aufgelistet, von denen Guttenberg abgekupfert haben soll. Nun kamen weitere hinzu. Guttenberg verwendete nach Angaben von „Spiegel Online“ auch einen Absatz von der Webseite der US-Botschaft ohne Fußnote und bediente sich aus dem Beitrag eines CDU-Europaabgeordneten sowie aus einer Rede eines Jura-Professors.
Zudem findet sich in der Dissertation eine Textpassage aus einem Aufsatz des Staatsrechtlers und ehemaligen Verteidigungsministers Rupert Scholz (CDU). Dabei geht es um einen Beitrag von 2001 mit dem Titel „Fünfzig Jahre Bundesverfassungsgericht“. Eine Fußnote von Scholz übernahm er ebenfalls. Ein Hinweis auf Scholz fehlt aber in der Doktorarbeit.
Guttenbergs Kabinettskollegen hielten sich mit Kommentaren zu der Affäre zurück. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte auf die Frage, ob Guttenberg wegen der Probleme zurücktreten solle: „Ich äußere mich nicht zu Dissertationen oder Abiturzeugnissen.“ Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte dem „Hamburger Abendblatt“: „Die Plagiatsvorwürfe gegen den Verteidigungsminister sollten ganz in Ruhe aufgeklärt werden.“ Gleichzeitig warnte sie: „Aufgeregte Kommentare sollten genauso unterbleiben wie Vorverurteilungen.“
Linke-Chefin Gesine Lötzsch geht von einem Rücktritt Guttenbergs aus, falls er den Doktortitel verliert: „Wer seine Doktorarbeit (...) gefälscht hat, indem er ohne Angabe von Quellen abgeschrieben hat, dem wird normalerweise der Doktortitel aberkannt. Und wem der Doktortitel aberkannt wird, der ist auch als Minister nicht mehr haltbar“, sagte sie dem Fernsehsender N24.
Ähnlich äußerte sich der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold: „Guttenbergs Glaubwürdigkeit wäre dann völlig zerstört“, sagte er der „Mitteldeutschen Zeitung“. Unionsfraktionsvize Günter Krings (CDU) warf der Opposition im Bundestag eine „Schmutzkampagne“ vor und bezeichnete die Vorwürfe in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ als „lächerlich“.
Guttenberg besuchte zum neunten Mal seit seinem Amtsantritt die deutschen Soldaten in Afghanistan. Der Minister wurde nur von einem Adjutanten, Leibwächtern und dem Herausgeber einer großen Tageszeitung begleitet. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion landete er am späten Mittwochabend in dem Vorposten „OP North“ in der Provinz Baghlan, wo er auch übernachtete. Der Stützpunkt gehört zu den gefährlichsten der Bundeswehr in ihrem Einsatzgebiet in Nordafghanistan. In Baghlan waren im vergangenen Jahr bei Gefechten und einem Anschlag insgesamt fünf deutsche Soldaten getötet worden.
Am Donnerstag flog Guttenberg in den Unruhedistrikt Char Darah weiter und besuchte dort die sogenannte Höhe 432. Dahinter begann bis zur Offensive der internationalen Schutztruppe und der afghanischen Armee im Herbst das von den Taliban kontrollierte Gebiet. Wie gefährlich es dort bis heute ist, wurde nur kurz nach Guttenbergs Abflug deutlich, als ein Sprengsatz zwei Afghanen tötete.