„Wir müssen mit Anschlägen rechnen“
Der Chef des Bundeskriminalamts rechtfertigt den frühen Zugriff auf die mutmaßlichen Islamisten.
Karlsruhe/ Düsseldorf. Auch nach der Festnahme dreier mutmaßlicher Al-Kaida-Mitglieder in Düsseldorf und Bochum gibt es keine Entwarnung. Man habe sich in einer „Dilemma-Situation“ befunden, sagt der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke.
Einerseits war das Netzwerk um die drei Terrorverdächtigen „noch nicht zu 100 Prozent aufgeklärt“. Andererseits waren die drei offenbar schon so weit in ihren Anschlagsvorbereitungen und Blutbad-Fantasien fortgeschritten, dass die Ermittler von einem erhöhten Risiko für „weiche Ziele“ ausgehen mussten — also für Menschen. Deshalb schlugen die Fahnder zu.
Auch wenn bislang nur gegen die drei Männer Ermittlungsverfahren laufen — das BKA versucht nun, das Umfeld auszuleuchten. Das könnte nach den Festnahmen schwieriger werden. Ziercke geht von einem Netzwerk von sieben bis acht Personen aus. „Es können auch mehr sein.“
Nach den bisherigen Erkenntnissen wollten die Festgenommenen mit einer Splitterbombe möglichst viele Menschen töten oder verletzen. Veranstaltungen im Großraum Düsseldorf hätten ein Ziel sein können, vielleicht auch ein Bus oder eine Bushaltestelle. Zuletzt bastelten sie an einem Zündmechanismus. „Bombe ist nicht so schwer, aber Zünder ist mehr Gefahr“, haben sie den Abhörprotokollen zufolge gesagt, aus denen Ziercke in Karlsruhe vorlas. „Gibt’s einen Feuerkopf, und dann ist die große Kraft.“
Zusätzlich aufgeputscht wurden die drei Religionskrieger durch die Nachricht aus Marrakesch, wo am Donnerstag bei einem Terroranschlag in einem Café mindestens 14 Menschen getötet wurden. „Marrakesch hätte ein stimulierendes Ereignis sein können“, sagte Ziercke.
Auch deshalb entschlossen sich die Fahnder zu einer schnellen Festnahme — auch wenn die Ermittler offenbar noch nicht sehr viele gerichtsfeste Beweise gegen die drei Festgenommenen in den Händen halten. „Die Beweismittelerlangung für die Strafverfolgung kann erschwert werden“, sagt Ziercke.
Seit einem halben Jahr stand die Gruppe um den 29-jährigen Marokkaner Abdeladim El-K. unter Beobachtung der Ermittler. Der ehemalige Maschinenbaustudent, der seit 2001 in Deutschland lebte, soll Anfang vergangenen Jahres in ein Ausbildungslager von Al-Kaida im Grenzgebiet von Pakistan und Afghanistan gereist sein. Dort habe er von einem hochrangigen Mitglied des Terrornetzwerks den Auftrag erhalten, in Deutschland einen Sprengstoffanschlag zu verüben.
Die Ermittlungen gegen die Männer standen im Zusammenhang mit verschiedenen Hinweisen, die im Herbst vergangenen Jahres zu einer „Terrorwarnung“ des damaligen Bundesinnenministers Thomas de Maizière führten. Dabei arbeiteten die Ermittler unter anderem mit amerikanischen und marokkanischen Geheimdiensten und Sicherheitskräften zusammen.
Die Festnahme könnte dazu führen, so Ziercke, dass „die Aufklärung des Netzwerks erschwert sein könnte. Wir müssen in Deutschland weiterhin mit Anschlägen islamistischer Terroristen rechnen.“