Interview mit Andrea Ypsilanti: „Wir bekommen eine rot-grüne Mehrheit“
Im Interview mit der WZ schließt die hessische SPD-Landesvorsitzende und Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti Koalitionen mit CDU und Linken aus.
Düsseldorf. Frau Ypsilanti, am 27. Januar wird in Hessen ein neuer Landtag gewählt. Hat sich nach dem SPD-Bundesparteitag der erhoffte Rückenwind aus Berlin eingestellt?
Ypsilanti: Natürlich müssen wir den Wahlkampf in Hessen aus eigener Kraft meistern, zumal es hier um Landesthemen geht. Wir lassen nicht zu, dass Ministerpräsident Roland Koch auf bundespolitische Themen ausweicht. Aber in der Tat: Nach so einem Parteitag ist der Rückenwind stark.
Wie stark finden Sie Kurt Beck?
Ypsilanti: Ich habe nie an seiner Stärke gezweifelt. Er ist vor allem ein Parteivorsitzender, der nah an den Menschen ist, der sehr gut mit seiner Partei kommuniziert und der offen ist für Anregungen.
Aber ein guter Redner ist er nicht.
Ypsilanti: Er führt die Partei gut und hat eine Sprache, die verstanden wird. Das ist wichtig!
Sie fordern ja weitere Korrekturen an der Agenda 2010. Sind Sie gar nicht stolz auf die Erfolge der Sozialreformen, die die SPD auf den Weg gebracht hat?
Ypsilanti: Wir haben in Hessen immer eine sehr differenzierte, zum Teil kritische Haltung zur Agenda eingenommen. Wir haben immer gesagt, Teile der Agenda sind richtig . . .
Welche?
Ypsilanti: Investitionen in Innovation und Forschung, auch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Falsch war dagegen, die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I für Ältere zu verkürzen. Außerdem sind die Regelsätze für Hartz IV und das Schonvermögen zu knapp bemessen.
Sie sehen in Hessen inhaltliche Übereinstimmungen mit den Grünen. Schließen Sie denn Koalitionen mit CDU und Linkspartei aus?
Faktisch? Lassen Sie sich da noch eine Hintertür offen?
Ypsilanti: Sie ist faktisch ausgeschlossen. Wenn zwei Parteien miteinander koalieren wollen, dann muss es eine Schnittmenge geben, und die gibt es zwischen SPD und CDU in Hessen nicht.
Mutige Aussagen angesichts der Tatsache, dass Sie mit den Grünen allein wohl keine Mehrheit in Hessen erzielen dürften.
Ypsilanti: Woher wissen Sie das? Die Wahlen in Hessen gehen immer sehr knapp aus. Das wird auch diesmal so sein. Ich gehe fest davon aus, dass wir eine rot-grüne Mehrheit bekommen.
Sie führen den SPD-Landesverband in Hessen, Hannelore Kraft den in NRW. Bilden Sie ein weibliches Tandem innerhalb der starken SPD-Landesvorsitzenden?
Ypsilanti: Ich verstehe mich mit Hannelore Kraft sehr gut, wir sprechen oft miteinander und wir beklagen ab und zu die typischen Rituale in der politischen Männerwelt. Aber wir beide wissen auch genau, was wir wollen.
In NRW gilt der CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers als der bekannteste Sozialdemokrat. Hat Sie die Nachricht erschreckt?
Ypsilanti: Das ist eine Legende, sonst nichts. Hannelore Kraft profiliert sich erfolgreich aus der Opposition heraus, obwohl das nicht einfach ist - ich weiß, wovon ich spreche, auch wenn ich jetzt im Wahlkampf sehr gut dastehe.
Sie wollen nach Heide Simonis die zweite Ministerpräsidentin in Deutschland werden. Hilft es, dass es eine Bundeskanzlerin gibt?
Ypsilanti: Es ist hilfreich, weil Frau Merkel bei der Frauen-Union gesagt hat, es werde Zeit, dass es eine Ministerpräsidentin gibt. Der Frau kann geholfen werden.