Kinderpolitik: Von der Leyen macht einen Kotau vor den CSU-Männern

Die Ministerin setzt nun doch auf die „Herdprämie“ – auf dem Papier. Ab 2013 soll es ein Betreuungsgeld geben.

Berlin. Manchmal enden Machtkämpfe im politischen Kleindruck, weshalb Ursula von der Leyen eine "bildungspolitische Katastrophe" in ihr Gesetz zur Kinderbetreuung eingebaut hat. Als eine solche hat die CDU-Familienministerin das Betreuungsgeld für Eltern noch vor kurzem bezeichnet. "Es ist eine bildungspolitische Katastrophe, wenn der zweijährige Ahmed in den Kindergarten geht und seine Eltern hören, wir kriegen 150 Euro im Monat auf die Hand." Dann würden die Eltern Ahmed aus dem Kindergarten nehmen und sich für das Geld entscheiden, was für das Kind nicht das Tor zur Integration sei, kritisierte sie in der Münchener "Abendzeitung".

Ab 2013 soll es laut Gesetzentwurf ein Betreuungsgeld geben

Das war mutig, denn in Bayern residieren ihre ärgsten Widersacher, CSU-Politiker, die sich gegen die Verdreifachung der Krippenplätze gestemmt haben. Die Quittung findet sich jetzt im Gesetzentwurf, dritte Seite, direkt unter dem Rechtsanspruch auf frühkindliche Betreuung. "Ab dem 1. August 2013 soll für diejenigen Eltern, die ihre Kinder von ein bis dreiJahren nicht in Einrichtungen betreuen lassen wollen oder können, eine monatliche Zahlung (z.B. Betreuungsgeld) eingeführt werden." Um des Friedens in der Union willen, hat von der Leyen die Passage eingefügt und Krach in der Koalition provoziert. "Wir haben uns auf das verlassen, was Kanzlerin Angela Merkel und Familienministerin Ursula von der Leyen gesagt haben. Es war nie die Rede davon, das Betreuungsgeld ins Gesetz aufzunehmen", sagt die familienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Christel Humme. "Von der Leyen hat sich dem Druck der CSU gebeugt." So ungefähr hatten sich CSU-Chef Erwin Huber, Landesgruppenchef Peter Ramsauer und Unionsfraktionschef Volker Kauder das vorgestellt, in Schlagzeilen ausgedrückt: "Von der Leyen knickt ein." Zwar hat der Absatz im Gesetz keine rechtliche Wirkung, weil diese ein weiteres Bundesgesetz erforderte. Aber die CSU-Politiker haben die Forderung ihres Chefs a.D. Edmund Stoiber erfüllt, das Betreuungsgeld "im gleichen Gesetz und zum gleichen Zeitpunkt" wie den Rechtsanspruch aufzunehmen. Eigentlich sollte es bloß in der Begründung stehen. Das Wort "Herdprämie" machte Karriere. Die Vorsitzende des Familienausschusses, Kerstin Griese (SPD), kündigt an, gegen den Passus zu kämpfen. Selbst wenn er keine rechtliche Wirkung entfalte, er setze das falsche Signal. "In Thüringen haben wir gesehen, dass mit dem Betreuungsgeld der Anreiz geschaffen wurde, Kinder wieder aus den Kitas abzumelden." Sie kenne keinen Experten, der sich für das Betreuungsgeld ausspreche. Auch unter CSU-Frauen ist die Prämie für "Selbsterzieher" umstritten. Sogar Ilse Glos, Ehefrau des Wirtschaftsministers, ärgerte sich öffentlich: "Das ist eine Schnapsidee der CSU-Männer." Kerstin Griese wagt eine optimistische Prognose. "Ich bin mir sicher, dass 2012 kein Hahn mehr nach dem Betreuungsgeld kräht - auch keiner aus der CSU."

KOMMENTAR: Männer-Sache

Von Angela Gareis

Wäre man unfreundlich, würde man von einem Aufstand der Rückständigen sprechen. Freundlich formuliert geht es Konservativen darum, Ursula von der Leyen zu zeigen, wer das Oberhaupt der Familienpolitik ist. Die Ministerin hat dem Druck von Männern wie Erwin Huber (alias Edmund Stoiber) nun mit einer Formel nachgegeben, die man auch bei der Kinderbetreuung anwendet. Wenn man sehr genervt ist: Also gut, du hast auch recht, und wir machen es aber anders. Sollte die CSU glauben, ihren geschwundenen bundespolitischen Anspruch so untermauern zu können, dann hat sie Trost verdient.

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