Jede vierte Akademikerin kinderlos

Familien: Vor allem im Westen immer mehr Frauen ohne Nachwuchs.

Berlin. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) fühlte sich durch den jüngsten Baby-Boom in ihrer Politik bestätigt. "Das Elterngeld wirkt", so lautete der Tenor in der Koalition, als vergangene Woche bekannt wurde, dass in Deutschland erstmals seit 1997 wieder mehr Kinder auf die Welt kamen als im Vorjahr. Offen ist allerdings, ob sich dieser Trend fortsetzt oder ob es sich um ein einmaliges Phänomen handelt, denn die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeichnen insgesamt ein anderes Bild.

Nach der gestern vorgestellten repräsentativen Studie ist der Anteil der kinderlosen Frauen in den vergangenen Jahrzehnten immer größer geworden, und das erste Kind kommt immer später auf die Welt - wodurch auch die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass dem ersten Kind noch viele weitere folgen. Kinderlosigkeit ist zwar kein neues Phänomen, doch erst die Befragung von bundesweit 21500 Frauen im Alter von 16 bis 75 Jahren hat den Statistikern jetzt verlässliche Daten über einen längeren Zeitraum geliefert.

So hatten vor zehn Jahren 16 Prozent der 40- bis 49-Jährigen kein Kind auf die Welt gebracht, mittlerweile liegt der Anteil bei 21 Prozent. Besonders betroffen - zumindest in Westdeutschland - sind dabei Frauen mit hohem Bildungsstand. Jede vierte Akademikerin im Alter ab 40 Jahren (26 Prozent) hat in den alten Bundesländern keine Kinder. Kind und Karriere sind in Deutschland wesentlich schwerer unter einen Hut zu bringen als in den meisten anderen Industriestaaten - dies wurde der Bundesrepublik erst kürzlich wieder durch eine OECD-Studie bescheinigt. Darin bemängelten die Forscher, dass Deutschland den Eltern zwar finanziell unter die Arme greift, aber zu wenig Geld für Betreuungsangebote ausgibt. Andere Untersuchungen zeigen zudem, dass sich die meisten Kinderlosen eigentlich Nachwuchs wünschen.

So gesehen könnte neben dem Elterngeld also vor allem der bis 2013 geplante Krippenausbau ein Mittel sein, um die Geburtenrate weiter nach oben zu treiben. Zumal in den neuen Bundesländern, die deutlich besser mit Krippenplätzen versorgt sind, das Phänomen der Kinderlosigkeit schwächer ausgeprägt ist. In den neuen Bundesländern hat nämlich nur jede zehnte Frau zwischen 40 und 49 Jahren kein Kind auf die Welt gebracht. Und dieser Trend scheint sich fortzusetzen, denn von den West-Frauen, die derzeit zwischen 30 und 34 Jahren alt sind, sind sogar 40 Prozent noch ohne Nachwuchs.

Beim Alter, in dem Frauen zum ersten Mal Mutter werden, ist die deutsche Einheit hingegen fast vollzogen. In den vergangenen vier Jahrzehnten stieg das Durchschnittsalter beim ersten Kind von 23 auf 26 Jahre. Zwar bestätigt sich durch die Zahlen der Statistiker, dass DDR-Frauen beim ersten Kind deutlich jünger waren als ihre Landsfrauen jenseits der Mauer. Doch seit 1989 lassen sich auch die Ost-Frauen immer länger Zeit mit dem Kinderkriegen.