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Schulzeitverkürzung: Achtklässler belastet wie Arbeitnehmer

Die nordrhein-westfälischen Gewerkschaften und Verbände schlagen Alarm: Wegen des Abiturs nach acht Jahren geht der Unterricht oft bis in den Nachmittag.

Düsseldorf. Die Schulzeitverkürzung in Nordrhein-Westfalen droht auf dem Rücken der Schüler ausgetragen zu werden. Weil der Unterrichtsstoff an den Gymnasien in der Unter- und Mittelstufe verdichtet und die Wochenstundenzahl ausgeweitet wurde, ist Nachmittagsunterricht inzwischen eher die Regel als die Ausnahme. Elternvertreter beklagen, dass viele Kinder dem Leistungsdruck und dem neuen Tempo nicht gewachsen sind. Zudem seien nur die wenigsten Gymnasien auf einen Ganztag eingestellt. Um den Stoff bis zum Abitur zu bewältigen, haben schon Siebt- oder Achtklässler bis zu 34 Wochenstunden, kritisieren Verbände und Gewerkschaften. Die Folge: Zwölfjährige können - rechnet man Unterricht, Hausaufgaben und vielleicht noch Nachhilfe zusammen - mit der Belastung eines Arbeitnehmers mithalten. Der Vorsitzende des Philologenverbandes in NRW, Peter Silbernagel, fordert Schulministerin Barbara Sommer (CDU) deshalb auf, die Kernlernpläne zu entrümpeln. In acht Jahren Gymnasium könne man die Schulbücher nicht von vorn bis hinten durcharbeiten. "Das Ministerium braucht Mut zur Lücke." Der Landesverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) verlangt von der schwarz-gelben Landesregierung die flächendeckende Einführung eines pädagogisch ausgerichteten Ganztags an den Gymnasien. "Es geht nicht um ein Anhängen von Unterrichtsstunden in den Nachmittag", betonte GEW-Sprecher Berthold Paschert. Auch die baulichen und räumlichen Bedingungen für Schulmensen müssten garantiert werden. Laut Schulministerium wurde den Kommunen die Schulpauschale von 460 auf 540Millionen Euro erhöht - nicht zuletzt, um die Übermittagsbetreuung sicherzustellen. Doch Silbernagel zufolge wird davon zu wenig Gebrauch gemacht.

KOMMENTAR: Echter Ganztag

Von Anja Clemens-Smicek

Im Eiltempo sollen Deutschlands Schüler fit gemacht werden für den Arbeitsmarkt. Da ist es nur konsequent, die Schulzeit zu verkürzen. Genauso konsequent wäre es jetzt, die Lernpläne von Ballast zu befreien. Eine Rückkehr zum reinen Halbtagsunterricht ist dennoch illusorisch. Wenn Kinder aber den ganzen Tag lernen sollen, führt nichts an einer regulären Ganztagsschule vorbei. Hierzulande nennt sich zwar jede sechste Schule so, aber nur die wenigsten bieten eine echte Rhythmisierung an - und ein Mittagessen. anja.clemens-smicek@wz-plus.de