Henrico Frank stört die große Beck-Show

Der SPD-Parteichef wird von seiner Vergangenheit eingeholt. Gleichwohl ist sein Jahresrückblick von Eigenlob geprägt.

Berlin. Am Ende holte Kurt Beck seine Vergangenheit wieder ein, und zwar in Person von Henrico Frank. Das ist jener zwischenzeitig wohl bekannteste deutsche Arbeitslose, dem der SPD-Chef vor mehr als einem Jahr nahe gelegt hatte, er möge sich doch waschen und rasieren, dann bekomme er auch einen Job. Ganz falsch mit seiner Einschätzung scheint Beck nicht gelegen zu haben. Jedenfalls tauchte Frank, der das "Beck-Gespenst" genannt wurde, Aam Montag überraschend mit sauber rasiertem Vollbart im Saal der Bundespressekonferenz in Berlin auf und sagte, er sei nun "Kamera-Assistent".

Der Langzeitarbeitslose soll Kurt Beck provozieren

Am Revers seines Sakkos befand sich ein kleines Mikrofon, das ein Fernsehteam dort angebracht hatte. Frank, über den ein Porträtfilm erscheinen soll, wurde in den Saal geschleust, um Beck zu provozieren. Ob ihm seine damalige Äußerung mittlerweile Leid tue, wollte Frank vom SPD-Chef wissen, der knapp entgegnete: "Es hat Ihnen ja am Ende Nutzen gebracht." Dann lieferte Beck, vermutlich als Beweis für einen souveränen Umgang mit dem Unruhestifter, noch ein Kompliment zur erfolgreichen Arbeitsaufnahme: "Ich finde es toll, wie Sie es gemacht haben." Allerdings wusste Beck wohl in diesem Moment, dass ihm Frank einen Teil seiner Show vermasselt hatte. Denn eigentlich war der Parteivorsitzende gekommen, um sich der Hauptstadtpresse als ebenbürtiger Partner beziehungsweise Gegner von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu präsentieren. Überaus zufrieden sei er nun, am Ende des Jahres, sagte Beck - und lehnte sich noch ein bisschen behaglicher zurück. 2007 sei "spannend und durchwachsen", aber letztlich "erfolgreich" für die SPD gewesen. Aus einer "klaren Linie", die er zunächst habe ziehen wollen, sei eine "deutliche Furche" geworden, dozierte Beck nebulös. Dies sei auch deshalb "ein deutlicher Fortschritt", da eine Linie "zweidimensional", eine Furche dagegen "dreidimensional" sei. Seinen Exkurs in die Welt der Landwirtschaft ergänzte Beck dann noch mit der Bemerkung: "Für einen Bauersmann wie mich, der vom Lande kommt, ist eine gerade Furche begeisternd." Sodann schloss er in breitem Pfälzisch: "Ich will noch einmal daran erinnern: In der Furche steckt das Saatgut und nicht der Bauer." Dabei hatte ein Journalist den SPD-Chef lediglich nach einer möglichen Kanzlerkandidatur bei der nächsten Bundestagswahl gefragt. Beck hatte den Journalisten keine überragende Nachricht mitgebracht und lieferte stattdessen ein Sammelsurium an Botschaften. Er rühmte den Kampfeswillen der SPD, bekräftige seinen Einsatz für Mindestlöhne, widmete sich Kinderschutz und Klimawandel, Bali und Bafög. Vielsagend war dabei vor allem sein anhaltend breites Schmunzeln. Nur einmal verdüsterte sich Becks Miene abrupt - in dem Moment, als er auf die konstant schwachen Umfragewerte seiner Partei angesprochen wurde. Es blieb der einmalige Ausrutscher während einer gut einstündigen Charme-Offensive.

Kurt Becks wunder Punkt

Kommentar von Ulf Meinke

Kurt Beck strotzt vor Selbstvertrauen. Nach dem Abschied von Franz Müntefering ist er der unangefochtene Chef der SPD. Der Beschluss zum Post-Mindestlohn ist für ihn ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk - ebenso wie die verlängerte Bezugsdauer des Arbeitslosengelds I. Bundeskanzlerin Angela Merkel fällt es dagegen schwer, die Sozialdemokratisierung der Großen Koalition zu verhindern. Das kostet die CDU-Chefin Anerkennung in den eigenen Reihen. Bei aller zur Schau getragenen Kraft hat der Rheinland-Pfälzer Beck aber einen wunden Punkt: In den Umfragen bleibt die SPD schwach. Ganz im Gegensatz zu Merkels CDU, die trotz mancher Einbußen doch weit enteilt ist - von den Persönlichkeitswerten ganz zu schweigen. Erst die Landtagswahlen in Niedersachen, Hessen und Hamburg zu Jahresbeginn werden beweisen, wie stark der so selbstbewusste SPD-Chef Beck wirklich ist.