Gipfel: EU-Mission soll Kosovo Stabilität bringen
Die 27 Mitgliedsstaaten wollen den Aufbau von Justiz und Verwaltung in der serbischen Provinz fördern.
Brüssel. Die 27 EU-Staaten haben sich beim EU-Gipfel über zentrale Punkte im Umgang mit der von Serbien abtrünnigen Provinz Kosovo verständigt. So einigten sich die Staats- und Regierungschefs gestern einstimmig auf eine europäische Mission, die dem Kosovo zu stabilen Verhältnissen bei Polizei, Recht und Verwaltung verhelfen soll. Die Möglichkeiten des Verhandlungsprozesses seien ausgeschöpft, der jetzige Status des Kosovo sei nicht länger zu halten.
Beide Feststellungen sind diplomatisch bedeutsam, weil erst durch sie der Weg für weitergehende Schritte wie die Anerkennung eines unabhängigen Kosovo durch die EU-Staaten eröffnet wird. Im Gegenzug erneuerten sie ihre Einladung an Serbien, mittelfristig zur EU hinzuzustoßen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vermerkte nach dem Treffen zufrieden, dass "wir weiter gekommen sind, als heute morgen abzusehen war". Einen Tag nach der feierlichen Unterzeichnung des neuen EU-Grundvertrags sei die Einigung auf die Kosovo-Mission quasi eine vorweggenommene "Praxisbewährung" des Vertrags. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) unterstrich, dass noch "schwierige Fragen vor uns liegen". Man habe sich zunächst darauf beschränkt, das zu beschließen, was aktuell anliege, entgegnete Merkel auf Fragen nach der Bereitschaft, einen unabhängigen Kosovo anzuerkennen.
Steinmeier warnte die Kosovaren vor überstürzten Aktionen. Er hoffe, "dass keine unvernünftigen Erklärungen zu Zeitpunkten stattfinden, die nicht mit der internationalen Gemeinschaft abgesprochen wurden", sagte der Außenminister.
Während des EU-Gipfels hatten sich vor allem Zypern, Rumänien und die Slowakei zunächst gegen die Vorschläge in Sachen Kosovo gewehrt. Sie stehen der Idee, einen unabhängigen Kosovo anzuerkennen, ablehnend gegenüber, weil sie fürchten, damit ein Vorbild für andere zu schaffen, die nach Autonomie streben. Die großen EU-Staaten, darunter die - zuvor lange zögernde - Bundesrepublik waren hingegen für jene Position eingetreten, die sich beim Gipfeltreffen schließlich durchsetzte.
Die EU ächzt unter der Verantwortung für das Kosovo. Auf dem Brüsseler Gipfel war in dieser Frage erneut unübersehbar, woran die gemeinsame Außenpolitik in erster Linie krankt: Sieist noch längst nicht so gemeinsam, wie es nötig wäre. Die Gegner einer Unabhängigkeit des Kosovo haben durchaus gute Argumente. Der Grundsatz der Unverletzbarkeit des Staatsgebiets wird verletzt. Und zum ersten Mal werden die Binnen-Grenzen des vormaligen Jugoslawiens revidiert. Es ist nicht zu leugnen, dass dies anderen einen Vorwand liefert, ihrerseits das Recht zu reklamieren, aus dem bisherigen Staatsverband auszuscheren. Es gibt aber einen fundamentalen Unterschied, den die gern übersehen, die vor dem "Präzedenzfall Kosovo" warnen: Dort hat die albanisch-stämmige Bevölkerungsmehrheit erst Kurs auf die Loslösung genommen, nachdem sie Opfer brutaler Unterdrückung geworden war.