Pin-Gruppe vorerst gerettet
Private Post: Gute Nachricht für 9000 Briefzusteller: Ihr Unternehmen arbeitet weiter – ohne den Springer-Verlag.
Berlin. Die Nachricht kam postwendend zum Bundestagsbeschluss: Der Vorstandsvorsitzende des vom Post-Mindestlohn bedrohten Briefzustellers Pin, Günter Thiel, übernimmt vom Axel-Springer-Verlag die Anteils-Mehrheit an seinem Unternehmen, stellt aus dem Privatvermögen rund 50 Millionen Euro bereit und sichert so vorläufig den Betrieb des Post-Konkurrenten und damit 9000 Arbeitsplätze.
Am Vormittag hatte es noch düster ausgesehen. Der Springer Verlag, mit 63,7 Prozent Mehrheitseigner des privaten Post-Dienstleisters, resignierte angesichts des Parlamentsbeschlusses und kündigte an, seinem Tochter-Unternehmen den Geldhahn zuzudrehen. Der Wettbewerb auf dem Postmarkt werde "nicht nur massiv behindert, sondern praktisch unmöglich", hieß es in Berlin. Das private Post-Geschäftsmodell sei ruiniert, sagte Springer-Chef Döpfner.
Als Retter in der Not sprang der Vorstandsvorsitzende der Pin Group, Günter Thiel, ein. Er und sein Management stellen kurzfristig rund 50 Millionen Euro zur Verfügung. Gleichzeitig kündigte Thiel an, nach weiteren Investoren zu suchen, um Pin langfristig auf finanziell sichere Beine zu stellen. Zu den Minderheitsgesellschaftern gehören die WAZ-Gruppe Essen, der Madsack-Verlag in Hannover und die Verlage von Rheinischer Post und Westdeutscher Zeitung in Düsseldorf.
Günter Thiel (55) kommt aus der Logistik-Branche, hat ein eigenes Unternehmen an die Börse gebracht und gewinnbringend verkauft. Focus Online berichtet, der Verkauf der Anteile habe ihm einen dreistelligen Millionenbetrag eingebracht. Den Springer-Anteil an Pin habe er für einen symbolischen Preis von einem Euro erworben.
Unterdessen haben die privaten Konkurrenten der Deutschen Post beim Bundesarbeitsministerium einen eigenen Mindestlohn-Tarifvertrag für ihre Briefzusteller eingereicht. Er sieht vor, den Mitarbeitern im Westen 7,50 Euro pro Stunde zu bezahlen. Der Mindestlohn der Deutschen Post AG wurde auf bis zu 9,80 Euro festgelegt.
Der Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste argumentiert, die u.a. vom Unternehmen Pin angebotenenen Dienstleistungen seien "nicht mit denen der Post vergleichbar. Es handle sich vielmehr um qualitativ höherwertigere Leistungen wie etwa Zustellung am gleichen Tag und Sendungs-Verfolgung. Solche Leistungen biete die Post gar nicht an, darum handle es sich um eine ganz andere Branche.
Im Bundeswirtschaftsministerium werde der Antrag sorgfältig geprüft, heißt es in politischen Kreisen in Berlin. Das Begehren habe durchaus Aussicht auf Erfolg. Spiegel Online berichtet, das Ministerium von Michael Glos (CSU) wolle trotz aller Widrigkeiten den politisch gewollten Wettbewerb auf dem Briefmarkt zum Anfang des Jahres 2008 in Gang bringen. Dazu seien "breiter aufgestellte Herausforderer der Post wie Pin notwendig."