Abgaben: Das Gebührengefälle in NRW
Der Bund der Steuerzahler belegt große Unterschiede von Ort zu Ort und mahnt Reformen an.
Düsseldorf. Es sind oft nur wenige Kilometer, die darüber entscheiden, wie viel Geld ein Haushalt im Jahr für die wichtigsten Dienstleistungen bezahlt. Denn nicht nur bei der Energieversorgung, sondern auch bei der Abfall- und Abwasserentsorgung gibt es Riesenunterschiede zwischen den Gemeinden. Das belegt die neue Gebührenstatistik des Bundes der Steuerzahler.
Zum Beispiel Havixbeck und Billerbeck: Diese beiden westfälischen Kommunen grenzen aneinander, haben exakt die gleichen geographischen Voraussetzungen und knöpfen doch ihren Bürgern ganz unterschiedliche Gebühren ab. Im preiswerten Ort, nämlich in Havixbeck, werden für eine vierköpfige Durchschnittsfamilie nur 265 Euro im Jahr fällig, während es gleich nebenan in Billerbeck mit 562 Euro jährlich deutlich mehr als das Doppelte ist - für die selbe Dienstleistung.
"Das kann nicht sein. Das ist Resultat einer verfehlten Politik vor Ort", sagte Georg Lampen, Landeschef des Bundes der Steuerzahler (BdSt) in NRW. Er moniert eine fehlende Transparenz bei der Gebührenermittlung, aber auch systematische Fehler.
"Es kann nicht sein, dass die Kommunen den sehr viel höheren Wiederbeschaffungszeitwert zur Berechnungsgrundlage ihrer Kalkulation machen. Es muss auf die Abschreibung auf Basis des Anschaffungspreises umgestellt werden", forderte Lampen. Das bedeutet, dass eine Stadt etwa ihre Kanalrohre, die 1950 für die Straße X umgerechnet 5000 Euro gekostet haben, nicht nach dem heutigen Neupreis von 50000 Euro berechnen dürfte. Das hat der Steuerzahlerbund bereits einmal eingeklagt, aber verloren.
Die besonders finanzschwachen Städte haben allerdings keine Chance, auf das günstigere Modell umzustellen. "Die werden von den Aufsichtsbehörden, also den Bezirksregierungen, dazu gezwungen. Aber das kann man ja auch ändern", so Lampen.
Insgesamt 146 der 396 Kommunen in NRW kalkulieren laut Lampen zu teuer. Darunter sind im Erscheinungsgebiet unserer Zeitung Wuppertal, Burscheid, Dormagen, Grevenbroich, Hilden, Kaarst, Kempen, Korschenbroich, Langenfeld, Meerbusch, Mettmann, Monheim, Nettetal, Neuss, Radevormwald, Remscheid, Solingen, Sprockhövel, Velbert und Willich.
Große Unterschiede gibt es auch bei den Abfallgebühren. Freilich sind die nicht so einfach zu vergleichen. Denn es gibt große Unterschiede bei den Rahmenbedingungen: Es gibt unterschiedliche Tonnengrößen, es gibt Abholintervalle von einer Woche bis hin zu vier Wochen, manchmal sind die Sperrmüllgebühren oder die Kosten für Papier- und Biotonne enthalten, andernorts nicht.
Gleichwohl ist der Trend für den Verbraucher nicht günstig: "Die Preise steigen leider häufig. Das muss nicht immer so sein", sagte Lampen. Vor allem durch ein Umstellen auf eine zweiwöchige oder sogar vierwöchige Leerung der Restmülltonnen könnten Kosten und damit Gebühren gespart werden, so Lampen.
Andere Kosten seien hingegen von den Städten nicht direkt zu beeinflussen, räumte Lampen ein. Dabei geht es um die Entgelte, die die Verbrennungsanlagen in NRW den Kommunen in Rechnung stellen. Da ist die MVA Bonn mit 216 Euro pro Tonne Spitzenreiter, dicht gefolgt von den Öfen in Krefeld (206,52 Euro) und Düsseldorf (202,32 Euro). Die Preise liegen deutlich höher als die der MVA in Solingen (175 Euro), Wuppertal (139,62 Euro) und Herten (126Euro). "Wir haben sicherlich zu viele Verbrennungsanlagen und zu hohe Kapazitäten. Für die Kommunen wäre es besser, wenn sie ihre Mengen frei auf dem Markt anbieten könnten", so Lampen. Bisher sei dies aber per Landesgesetz untersagt.