Analyse: NRW-Wahl - Grüne stehen vor Dilemma

Der Flirt mit Rüttgers und der CDU beeinträchtigt die Schlagkraft im Wahlkampf.

Düsseldorf. "Die Grünen sind einfach nur machtgeil." Der dies sagte,steht seit Monaten unter dem Generalverdacht, mit einem schwarz-grünenBündnis nicht nur sein Ministerpräsidentenamt zu sichern, sondern zudemauch bundespolitisch damit ein Modernisierungssignal zu senden: JürgenRüttgers stellte auf dem jüngsten CDU-Parteitag die Grünen in dieSchmuddelecke der Opportunisten. Das ist sicherlich zu einem guten Teildem Wahlkampf geschuldet. Doch legt Rüttgers den Finger in die Wunde:Die Grünen stehen sechs Wochen vor der Landtagswahl in NRW ohneüberzeugendes Wahlkampfkonzept da.

Dabei ist deren Misere weitgehend selbst verschuldet. Die Grünensind vor fünf Jahren nach der krachenden Niederlage von Rot-Grün beider Landtagswahl 2005 mit dem Anspruch in die Opposition gegangen, zurneuen schwarz-gelben Landesregierung auf Fundamentalopposition zugehen. In den Bereichen Bildung, Energie und Datenschutz standen undstehen sich die Konzepte frontal gegenüber.

Eine Machtperspektivesollte aus einer Regeneration der alten Partnerschaft mit der SPDentstehen. Dieser Ansatz deckte sich auch mit den Erkenntnissen überdie Struktur der eigenen Wählertschaft. Die ist trotz aller Bündnissemit der CDU auf lokaler Ebene in ihrer Mehrheit für Rot-Grün und gegenSchwarz-Grün. Das ergeben mehrere Umfragen, zuletzt noch vomPolitbarometer.

Doch der Drang zur Macht ist nach fünf Jahren inder Opposition groß bei den Grünen. Deshalb haben sie zuletzt immerwieder die Variante einer politischen Ehe mit der CDU ins Spielgebracht - leise, aber nachdrücklich. Als jedoch der intern bis datoals Oberstratege gehandelte Fraktionsvize Reiner Priggen einePartnerschaft mit den Linken ausschloss, Rot-Grün aus reinrechnerischen Gründen wenig Chancen gab und Schwarz-Grün zurselbstverständlichen Machtoption erklärte, liefen Obergrüne wie BärbelHöhn Sturm. Tatsächlich musste Priggen zu Kreuze kriechen undeinräumen, dass die Grünen auch Rot-Rot-Grün nicht ausschließen.

Unddie Grünen haben das Problem einer klaren Wahlkampfaussage: Wollen sieeinen Wechsel oder nur am Kabinettstisch sitzen? Für oder gegenRüttgers? Die Grünen selbst sind verunsichert und haben die selbstgeschaufelte Grube erst erkannt, als sie hineingestolpert waren.