Festnahme nach 17 Jahren Anschlag aus Fremdenhass: Düsseldorfer Bombenleger gefasst

Düsseldorf (dpa) - Den Bombenanschlag am Düsseldorfer S-Bahnhof Wehrhahn vor fast 17 Jahren soll ein heute 50-jähriger Mann aus Fremdenhass begangen haben. Es handele sich um einen Einzeltäter, sagte der Leiter der Ermittlungskommission, Udo Moll.

Foto: dpa

Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass er einer extremistischen Organisation angehört habe.

S. soll am 27. Juli 2000 mit einer Rohrbombe zehn Menschen am S-Bahnhof Wehrhahn schwer verletzt haben, ein ungeborenes Baby wurde dabei im Mutterleib getötet. Die meisten Opfer waren jüdische Einwanderer aus Osteuropa.

Der arbeitslose Ralf S. aus Ratingen war am Dienstag festgenommen worden. Ihm wird versuchter Mord in zwölf Fällen vorgeworfen. Der Kleinkriminelle S. gilt als rechtsradikal. Er war bereits unmittelbar nach der Tat festgenommen worden, aber mangels ausreichender Beweise wieder freigelassen worden. Er betrieb damals in der Nähe des Tatorts einen Militaria-Laden und galt als Waffennarr.

Auf seine Spur hatte Ralf S. die Ermittler selbst gebracht: Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte er wegen einer anderen Straftat im Gefängnis gesessen und den Anschlag einem Mitgefangenen in der Haftanstalt Castrop-Rauxel gestanden. Dieser habe sich im Juli 2014 an die Polizei gewandt.

Daraufhin sei der Fall neu aufgerollt worden. „Eine neue Ermittlungskommission wurde eingerichtet, die sich von nun an mit einer Vielzahl operativer Maßnahmen an die Fersen des Verdächtigen heftete und noch einmal jede Spur, jede Akte, jede Vernehmung begutachtete und auch damalige Zeugen zum Teil erneut vernahm“, hieß es weiter.

Dabei verdichtete sich der Tatverdacht: Die damalige Zeugin, die Ralf S. ein Alibi gegeben hatte, rückte davon ab. Eine weitere Zeugin hatte ihn beim Ausspähen des späteren Tatorts beobachtet. Der Verdächtige habe die Vorwürfe bestritten, sagte Oberstaatsanwalt Ralf Herrenbrück.

„Es ist wichtig, dass die Opfer endlich erfahren, wer dieses feige und hinterhältige Verbrechen verübt hat“, sagte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD). „Auch wenn diese Gewissheit für sie spät kommt.“ Die Jüdische Gemeinde in Düsseldorf nahm die Verhaftung „vorsichtig optimistisch“ zur Kenntnis.

Wenige Monate nach dem Wehrhahn-Anschlag war in Düsseldorf ein Brandanschlag auf die dortige Synagoge verübt worden. Daraufhin war Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in die Landeshauptstadt geeilt und hatte einen „Aufstand der Anständigen“ gefordert.

Trotz gewaltigen Ermittlungsaufwands war es in all den Jahren nicht gelungen, die Bluttat am Bahnhof Wehrhahn aufzuklären. Im Sommer 2015 hatten die Ermittler noch einmal neue Ansätze verfolgt. Beweisstücke, darunter das deformierte Geländer, an dem die Bombe hing, waren erneut und mit den zwischenzeitlich verbesserten technischen Methoden auf verwertbare DNA-Spuren untersucht worden.