Ein Slogan spaltet Nordrhein-Westfalen
Innovativ und verständlich, oder nichtssagend und ohne Pep? Die Meinungen über den Werbespruch gehen weit auseinander.
Düsseldorf. Seit Donnerstag hat Nordrhein-Westfalen einen neuen Slogan: "We love the new - Wir lieben das Neue". Mit dieser Leit-idee will die schwarz-gelbe Landesregierung verstärkt ausländische Investoren ins Land locken. Aber wie kommt der Slogan eigentlich an?
Bei unseren Lesern stößt der Slogan überwiegend auf Ablehnung. Einige kritisieren, dass er in englischer Sprache verfasst wurde. Aber auch die Idee dahinter kommt nicht bei allen an: "Die Aussage ist unvollständig, hat keinen Pep und bringt nichts rüber", meint beispielsweise Petra Müller aus Wuppertal (mehr Leserstimmen im Kasten).
Lothar Rolke, Professor für Betriebswirtschaftslehre und Unternehmenskommunikation an der Fachhochschule Mainz, hält die Entscheidung für einen englischen Slogan für richtig. "Wenn die Standortkampagne im Ausland wirken soll, muss der Slogan in Englisch sein", sagte er. Insgesamt hält er "We love the new" für gelungen: Der Slogan stehe für Innovation und Kreativität, beides wichtige Kriterien für eine Investitionsentscheidung. Zudem sei er emotional aufgeladen worden. "Ausländische Mitarbeiter, die in NRW arbeiten sollen, wollen sich wohlfühlen. Der Slogan steht auch für Weltoffenheit und Toleranz", betonte Rolke.
Tom Gilmore, Marketing-Manager in London, findet: ",We love the new’ - das hört sich allgemein und nichtssagend an. Man fragt sich: Warum mögt ihr das Neue?" Der 36-Jährige meint, es funktioniere "nur mit guten Beispielen, wie den Firmen, den Hoffnungen oder irgendwelchen Ereignissen der Region", die den Slogan untermauerten. Gegen die Grammatik des Satzes hat der Muttersprachler nichts einzuwenden.
Das gilt auch für die Sprachwissenschaftlerin. Heidrun Dorgeloh, Anglistin an der Uni Düsseldorf, erklärt das allgemeine Unwohlsein mit sprachlichen Eigenarten in Deutschland: "Der Teil ,the new’ stößt uns Deutschen auf, weil wir es nicht kennen, dass Subjektive gleichzeitig auch Adjektive werden können und umgekehrt. Das Englische ist da flexibler." Von Konversion - Wortartenwechsel - spricht die Fachfrau in diesem Fall. Dennoch sei der Slogan, so Dorgeloh, "auch für Nicht-Anglisten allemal verständlich". Die Linguistik-Dozentin urteilt: "Ich sehe kein Problem darin, dass die Botschaft nicht ankommen könnte."
Der emeritierte Linguistik-Professor Heiner Pürschel aus Rheinberg fühlt sich, wie die Mehrheit, dennoch unwohl bei dem Satz: "Es hört sich im ersten Moment komisch an, der zweite Teil ist zudem schwerfällig und hart." Außerdem: In den Zielländern Japan und China, wohin Pürschel familiäre Verbindungen hat, "würde man sich kaputtlachen".
Heiner Pürschel dreht den Satz einfach um: "New - we love it. Das hat mehr Aufforderungscharakter." Seine Düsseldorfer Kollegin tendiert zum Worttausch: "We love it new. Das bringt die Einstellung gut zum Ausdruck." Tom Gilmore dagegen favorisiert eine ganz andere Lösung. "Leben und leben lassen", findet der Brite gut. Das habe ihm ein Deutscher im Kölner Karneval näher gebracht. Es klinge menschlicher und heimatverbundener.