Freispruch für den früheren WestLB–Chef Jürgen Sengera
Gericht sieht keinen Vorsatz. Staatsanwaltschaft will in die Revision gehen.
Düsseldorf. Das Düsseldorfer Landgericht hat den früheren WestLB-Chef Jürgen Sengera am Donnerstag vom Vorwurf der schweren Untreue freigesprochen. Nach einem halben Jahr Prozessdauer hatte Vorsitzende Richterin Brigitte Koppenhöfer zwar durchaus Pflichtverletzungen des Bankers gesehen, dabei allerdings keinen Vorsatz Sengeras erkennen können.
In dem Prozess ging es um einen Kredit über 1,35 Milliarden Euro, den die WestLB vor knapp neun Jahren für die Fusion der beiden britischen Unternehmen Thorn und Granada zum TV-Geräte-Verleiher Boxclever bewilligt hatte. Sengera hatte diesen Kredit trotz eindringlicher Warnungen der internen WestLB-Kreditprüfer durchgepeitscht. Als Boxclever dann vor vier Jahren in die Insolvenz rutschte, entstand der WestLB ein Schaden von fast 500 Millionen Euro.
"Der Angeklagte hat die Pflichten eines ordentlichen Bankleiters verletzt", rügte Koppenhöfer in der mündlichen Urteilsbegründung. Sengera habe bei der Kreditvergabe sogar "objektiv den Tatbestand der Untreue erfüllt".
Das Gericht sah allerdings keine Hinweis darauf, dass Sengera gewusst hatte, dass der 1,3 Milliarden-Kredit in höchstem Maße ausfallgefährdet war. Für eine Verurteilung wäre es aber notwendig gewesen, Sengera genau dieses Wissen nachzuweisen.
Richterin Koppenhöfer folgte in ihrem Urteil den Anträgen der Verteidigung. Die Staatsanwaltschaft hingegen hatte eine zweijährige Haftstrafe gefordert, die gegen eine "empfindliche Geldauflage" zur Bewährung ausgesetzt werden sollte.
Die Staatsanwaltschaft hat bereits formal Revision gegen das Urteil eingelegt. "Sobald uns die schriftlichen Urteilsgründe vorliegen, werden wir prüfen, ob das Rechtsmittel durchgeführt wird", sagte der Düsseldorfer Oberstaatsanwalt Arno Neukirchen unserer Zeitung.