Ersatzfreiheitsstrafe: „Ins Gefängnis ginge ich nie!“

Helga S. (66) kann ihre Geldstrafe nicht zahlen. Statt in Haft zu gehen, arbeitet sie nun 260 Stunden in der Diakonie Düsseldorf.

Düsseldorf. Wegen Betrugs ist Helga S. (Name geändert) zu einer Geldstrafe von deutlich mehr als 2000 Euro verurteilt worden. "Eine ganz blöde Sache, in die ich durch viel Pech und Unkenntnis hineingeraten bin", sagt die 66-Jährige. Doch das Urteil ist rechtskräftig - und Helga S. kann die ihr vom Gericht auferlegte Strafe nicht zahlen. Noch nicht einmal in Raten. "Ich muss im Monat mit knapp 800 Euro auskommen", klagt die frühere Industriekauffrau. "Da ist kein Geld übrig."

Doch die vom Gericht eingeräumte Möglichkeit, die Geldstrafe ersatzweise in einer Justizvollzugsanstalt als so genannte Ersatzfreiheitsstrafe "abzusitzen" kommt für sie nicht in Frage: "Ins Gefängnis ginge ich nie. Da wäre ich todunglücklich." Stattdessen nimmt sie jetzt ein Angebot der Staatsanwaltschaft wahr, das nicht nur in NRW mit immer größerem Erfolg durchgeführt wird und offiziell "Arbeit statt Strafe" heißt, im Volksmund aber "schwitzen statt sitzen".

Über die Vermittlung eines Rechtspflegers bei der Staatsanwaltschaft kam Helga S. zur Düsseldorfer Diakonie in die Abteilung "Tagespflege" von Petra Hanschen. Dort werden täglich bis zu zwölf Menschen in der so genannten Tagespflege betreut. Petra Hanschen: "Das sind ältere Menschen, teilweise Demenzkranke, mit denen wir hier unter anderem Bewegungsübungen und Gedächtnistraining machen. Sie werden morgens von uns abgeholt und nachmittags wieder in ihr Zuhause gebracht."

Dabei werden die Diakonie-Fachkräfte derzeit von Helga S. unterstützt. Petra Hanschen: "Frau S. ist sehr zuverlässig, mit ihr kann man gut arbeiten. Wir setzen sie für leichtere hauswirtschaftliche Tätigkeiten ein."

Für Helga S. bedeutet das: Dienstantritt morgens um 9.30 Uhr. Dann stehen bis 15.30 Uhr Tätigkeiten an wie Wäschewaschen, Bügeln, Spülmaschine ein- und ausräumen. Aber Helga S. unterstützt die Fachkräfte der Abteilung auch beim Betreuen der zwölf Tagespatienten: "Natürlich keine richtigen Pflegearbeiten. Dafür bin ich ja auch nicht ausgebildet. Aber ich serviere den Tagespflege-Gästen Essen und Getränke, unterhalte mich auch mit ihnen."

Erfahrungen In der Düsseldorfer Diakonie hat man mit Straftätern, die dort Ersatzfreiheitsstrafen abarbeiten, überwiegend gute Erfahrungen. Petra Hanschen: "Leute, die ihre Arbeit abbrechen, sind eher selten. Es gibt sogar ein paar, die nach ihrer Strafe bei uns freiwillig und ehrenamtlich weiterarbeiten."

Kontrolle Wer eine Ersatzfreiheitsstrafe abarbeiten will, bekommt nichts geschenkt: Jede geleistete Arbeitsstunde wird auf Stundenzetteln genau erfasst und an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet - bis die Strafe restlos getilgt ist. Hanschen: "Strafe ist Strafe, die hat das Gericht ja nicht umsonst verhängt."

Zusätzlicher Aufwand Für die Diakonie und auch für andere Einrichtungen, in denen Ersatzfreiheitsstrafen abgeleistet werden können, ist dies meist mit zusätzlichem Aufwand verbunden. Petra Hanschen: "Wir sehen das so, dass wir diesen Menschen eine Chance geben. Oft brauchen sie Halt und Unterstützung, um nicht auf die schiefe Bahn abzugleiten. Das kostet Gespräche und Zeit - aber es lohnt sich auch."