Justiz: Lieber schwitzen als sitzen

Immer mehr Verurteilte wählen gemeinnützige Arbeit, statt hinter Gitter zu gehen.

Düsseldorf. Unkraut jäten, öffentliche Wege fegen, kleinere Reparaturarbeiten in Jugendheimen erledigen oder Behinderte im Rollstuhl fahren, statt tristen Alltag hinter Gefängnisgittern zu verbringen: In NRW vermeiden so viele Verurteilte wie noch nie eine Inhaftierung durch gemeinnützige Arbeiten. "Allein im vergangenen Jahr konnte bei 7444 Verurteilten eine so genannte Ersatzfreiheitstrafe ganz oder zumindest teilweise vermieden werden. Das ist ein Plus von etwa 1200 Personen oder 19,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr", erklärte Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) gegenüber unserer Zeitung.

Ersatzfreiheitsstrafen fallen an, wenn Straftäter zu Geldstrafen verurteilt werden, sie dieses Geld aber nicht zahlen können oder wollen. Geldstrafen werden vom Gericht in Tagessätzen bemessen. Dabei richtet sich die Anzahl der Tage nach der vom Gericht festgestellten Schwere des Vergehens, die Höhe der Sätze nach den Vermögensverhältnissen des Täters. Einem Tagessatz entspricht dann ein Tag Freiheitsstrafe. Wer also etwa zu 60 Tagessätzen à 50 Euro verurteilt wurde, muss entweder 3000 Euro zahlen oder für 60 Tage ins Gefängnis.

Oder man geht auf das Angebot von Staatsanwaltschaften und freien Trägern wie Caritas und Diakonie ein und leistet gemeinnützige Arbeiten. Dabei zählen sechs Stunden Arbeit als ein Tag. Entsprechende, vom NRW-Justizministerium geförderte Projekte "Arbeit statt Strafe" gibt es in Düsseldorf, Wuppertal, Münster, Köln, Geldern und Essen. Die Ministerin: "Mit der gemeinnützigen Arbeit können die Verurteilten sozial sinnvolle Leistungen erbringen, die als staatliche Reaktion auf eine Straftat spürbar bleiben." Und die Betroffenen können in gewohnter Umgebung bleiben, müssen nicht hinter Gitter.

Wer gegen das Gesetz verstößt, der muss auch die Folgen tragen. Wenn aber der Verstoß nicht allzu gravierend ist, sieht das Gesetz die Möglichkeit einer Geldstrafe vor. Das Problem dabei: Inzwischen können sich immer weniger Menschen das Bezahlen einer solchen Geldstrafe auch leisten. Die Möglichkeit, statt zu zahlen ins Gefängnis zu gehen, ist aber insbesondere für Ersttäter kaum erstrebens- und aus gesellschaftlicher Sicht kaum wünschenswert. Das Projekt "Arbeit statt Strafe" ist deshalb eine gute Alternative, bei der alle Seiten gewinnen.