Finanzen: NRW-Regierung leckt ihre Wunden
Verfassungsrichter geben Regeln zur Kreditaufnahme vor.
Düsseldorf. Am Tag nach dem deutlichen Urteil des Landesverfassungsgerichts gegen den Nachtragsetat der rot-grünen Minderheitsregierung war am Donnerstag in der Koalition Wundenlecken angesagt. Als gegen Mittag die 51-seitige schriftliche Urteilsbegründung im Internet zur Verfügung stand, begann sowohl im Landesfinanzministerium als auch in der Staatskanzlei wie in den Fraktionsbüros das ausführliche Studium. „Wir werden das ganz in Ruhe lesen und bewerten“, sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums.
Von besonderem Interesse dürften die „vier Leitsätze“ sein, die das Landesverfassungsgericht als Richtschnur auch für künftige Haushalte nach Düsseldorf sandte. Dabei wird der Politik zwar eingeräumt, höhere Schulden als eigentlich in der Verfassung vorgeschrieben machen zu dürfen. Das aber müsse fundiert mit einer Störung des wirtschaftlichen Gleichgewichts begründet werden. Und vor allem: „Die erhöhte Kreditaufnahme muss außerdem zur Störungsabwehr geeignet und final hierauf bezogen sein.“
Das ist ein harter Satz. Wendet man ihn wörtlich an, stehen freiwillige Leistungen des Landes etwa bei der Kleinkinderbetreuung oder bei der Hilfe für Kommunen zur Disposition.
Doch mit der Auslegung der Richterworte aus Münster wird die Landespolitik noch ein paar Tage beschäftigt sein. Schließlich geht es um den Haushalt für dieses Jahr, der gerade beraten wird. In seiner jetzigen Form mit 7,1 Milliarden Euro Schulden wäre er wohl verfassungswidrig. Das könnte Neuwahlen zur Konsequenz haben, wenn die CDU erneut gegen den Etat klagen würde und die SPD dann die Wähler entscheiden lässt, wie es mit dem Land weiter geht.
Einige führende Politiker sowohl im Regierungs- wie im Oppositionslager äußern sich mittlerweile bei dem Thema deutlich reservierter. „Ich würde derzeit keinen Antrag auf Neuwahl stellen“, sagte Sylvia Löhrmann (Grüne), Schulministerin und stellvertretende Regierungschefin. Auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) trat in internen Gesprächsrunden deutlich auf die Bremse.
CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann sagte: „Neuwahlen lösen das Problem nicht.“ Nämlich, wie das Land seine Ausgaben verfassungskonform finanzieren will.