Großdemonstration: CDU protestiert gegen CDU
Auch Bürgermeister und Manager wehren sich gegen den „Tod der Stadtwerke“.
Düsseldorf. Die schwarz-gelbe NRW-Landesregierung stößt auf massiven Widerstand mit ihren Plänen, die wirtschaftlichen Betätigungsfelder der Stadtwerke zu beschneiden. Mehr als 20 000 Demonstranten - vom Straßenbahnschaffner über Betriebsräte und Top-Manager bis hin zur CDU-Pominenz - protestierten gestern vor dem Landtag gegen die geplante Änderung der Gemeindeordnung. Es war eine der größten Demonstrationen gegen eine Landesregierung in den vergangenen Jahrzehnten.
Aus dem ganzen Land waren die Protestler angereist - die meisten von ihnen Stadtwerke-Mitarbeiter. Sie waren dem Aufruf der kommunalen Arbeitgeber und der Gewerkschaft Verdi gefolgt. Allein aus Wuppertal rollten 27 Busse mit 1700 Personen an. Aus Duisburg waren 2500, aus Dortmund 2000 gekommen.
Die Stimmung wurde bereits während der Anreise angeheizt. Die ohnehin zornigen Gewerkschafter und Stadtwerke-Vorstände hörten im Radio NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP). Der verteidigte die Reform mit den Worten, nur so könnten Auswüchse wie Nagelstudios oder Fitnesscenter in Stadtwerkehand vermieden werden. "Eine Unverschämtheit", sagte Hermann Janning, Stadtwerkechef in Duisburg und Ex-Chef in Wuppertal. Bewusst habe sich Wolf populistische Beispiele herausgegriffen, die längst abgestellt seien.
Worum aber geht es in dem Konflikt? CDU und FDP wollen die kommunalen Unternehmen, und das sind vor allem Stadtwerke und ihre Tochterfirmen, auf "Daseinsvorsorge" wie Energie und Wasser beschränken. Nur wenn ein "dringender öffentlicher Bedarf" vorliege, sollten die Stadtwerke aktiv werden dürfen, und auch nur dann, wenn sie ihre Dienste billiger und besser als Private anbieten können. Für bestehende Firmen soll es einen Bestandsschutz geben.
Das neue Gesetz habe im Kern nur eine Konsequenz: den Tod der Stadtwerke, so Gabriele Schmidt, Landeschefin von Verdi. "Dieses Korsett nimmt uns die Luft zum Atmen", sagte Walter Reinarz, Landeschef des Verbands der Verkehrsunternehmer. Aber Reinarz ist auch Chef der Kölner CDU. Und genau da liegt das Problem für die Landesregierung unter Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU): An der Partei-Basis rumort es heftig. Neben Reinarz waren gestern zahlreiche führende CDU-Politiker gekommen. Der Landtagsabgeordnete Peter Brakelmann aus Wuppertal protestierte mit seinen Stadtwerkern, auch der Neusser CDU-Bürgermeister Herbert Napp geißelte das Ansinnen der Landesregierung: "Kommt das durch, sterben die Stadtwerke." Denn die große Befürchtung ist: Mit dem Einfrieren auf dem Status quo ist keine dynamische Entwicklung der Unternehmen möglich. So wäre beispielsweise eine gemeinsame Firma zweier benachbarter Stadtwerke zur Abwicklung etwa der Gehaltsabrechnungen nicht mehr möglich.