„Haben keinen Euro zu verschenken“

Kostenexplosion bei einem Computersystem, Verjährung von Rückforderungen – die Behörde kritisiert erneut die Verschwendung von Steuergeldern.

Düsseldorf. Ute Scholle ist nicht für deutliche Worte bekannt. Die Präsidentin des Landesrechnungshofes (LRH) NRW hält sich zumeist zurück, wenn es darum geht, Steuergeldverschwendungen in den nordrhein-westfälischen Behörden anzuprangern.

Doch jetzt fand die Juristin klare Worte wie selten zuvor. Von teilweise sogar "skandalösen" Zuständen sprach sie bei der Vorstellung des Jahresberichts 2008 in Düsseldorf.

Denn obwohl der Schuldenstand des Landes mittlerweile 118Milliarden Euro erreicht hat, verschleudern die Behörden des Landes weiterhin leichtfertig Geld. Und dabei ist Sparen nach Ansicht Scholles dringend angebracht: "Angesichts der Haushaltslage haben wir keinen Euro zu verschenken", mahnte sie in Richtung Landesregierung.

Sie machte zugleich deutlich, dass ihre Behörde ganz und gar nicht zufrieden mit der Haushaltspolitik von Schwarz-Gelb sei. "Mit Sorge" betrachte der Landesrechnungshof, dass es trotz insgesamt günstiger Rahmenbedingungen wie steigender Steuereinnahmen weiterhin nicht gelungen sei, die Verschuldung des Landes zu stoppen oder gar zurückzuführen. "Wenn nicht jetzt, wann dann", betonte sie.

Im Jahresbericht 2008 werden derweil auf rund 340 Seiten wieder zahlreiche Beispiele aufgelistet, wo Steuergelder aufgrund fehlender Kontrolle oder des Mangels an klaren Zielvorgaben schlicht aus dem Fenster geworfen wurden.

"Völlig aus dem Ruder gelaufen" ist nach Ansicht des Landesrechnungshofes die geplante Einführung eines landesweit einheitlichen computergestützten Systems für die Personalverwaltung. Ursprünglich seien Kosten von 1,18Millionen Euro eingeplant worden, mittlerweile gehe man von einem Volumen von mehr als 43 Millionen Euro bis Ende kommenden Jahres aus, so Scholle.

Sechs Jahre nach Beginn des Projektes sei das System in noch keiner einzigen Dienststelle des Landes im Einsatz gewesen. Der Rechnungshof bemängelt insbesondere, dass ein "schlüssiges und abgestimmtes Gesamtkonzept" gefehlt habe, um das System in allen Landesbehörden einzuführen.

Dabei hatte der Landesrechnungshof bereits 2003 Empfehlungen ausgesprochen, um das Verfahren zu verbessern. Diese seien aber nur in geringem Umfang umgesetzt worden, seit damals habe es keine wesentlichen Fortschritte gegeben. Scholles Fazit: "Insgesamt muss das Projekt als gescheitert angesehen werden."

Eine Sprecherin des Landesfinanzministeriums wies die Kritik dagegen zurück. Die Einführung verzögere sich nicht. Die Kostensteigerung sei auf eine Ausweitung der Aufgaben zurückzuführen.

Als "skandalös" bezeichnete Scholle, dass Rückforderungsansprüche in Höhe von rund 810000 Euro einfach verjährten, weil die Landesregierung sich nicht darum kümmerte. Der Rechnungshof versuchte danach seit 2000 das Wirtschaftsministerium mit "mehrfachen Bitten und dringlichen Mahnungen" zu bewegen, die Summe bei einem Gründerzentrum einzutreiben.

Dieses hatte gegen Vergabevorschriften verstoßen. Im Dezember 2007 habe das Ministerium dann berichtet, dass die Ansprüche mittlerweile verjährt seien.

Ein regelrechter "Hammer" und ein "einmaliger Vorgang" ist nach Meinung von Scholle, dass die Bezirksregierung Köln 2003 Landesmittel in Höhe von mehr als 43 Millionen Euro für den Bau von S-Bahnstrecken- im Großraum Köln/Bonn bewilligte, ohne dass dafür Förderanträge vorgelegen hätten.

Zum Zeitpunkt der Bewilligung hätten daher Angaben zur Beurteilung der Notwendigkeit des Baus und auch für die Ermittlung der Kosten gefehlt. Scholles Kommentar: "Das haben wir so auch noch nicht gehabt."