Rüttgers auf Israel-Mission

Der NRW-Ministerpräsident leistet eine Politik der kleinen Schritte. In Jerusalem unterzeichnet er ein Abkommen für einen Schüleraustausch.

Jerusalem. Die nordrhein-westfälische Landesregierung will die Erinnerung an den Holocaust und die Verbundenheit mit Israel als gesellschaftliche Aufgabe und Konsens in die kommenden Generationen tragen.

In Jerusalem unterzeichnete am Sonntag NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) ein Abkommen mit der israelischen Regierung. In ihm verpflichtet sich NRW, die vielfältigen Programme zum Schüleraustausch, zur Begegnung mit jungen Menschen, zur Vergabe von Fortbildungsmaßnahmen in der Begegnungsstätte Yad Vashem und zur Vergabe von Studentenstipendien in einem einzigen Landesprogramm zu bündeln.

Die deutsch-israelischen Beziehungen sind zwar gut, aber auf der persönlichen Ebene der Begegnungen könnte ein Bruch drohen, warnte der deutsche Botschafter in Israel, Harald Kindermann.

Denn die Generation, die noch unmittelbar mit dem Holocaust und den Folgen zu tun hatte, stirbt aus. "Wir wollen aber die Freundschaft weitertragen, das ist ein Grundpfeiler der Politik", betonte Rüttgers.

Das geschieht schon, davon konnte sich der Ministerpräsident überzeugen. Etwa in Tel Aviv bei der Diskussion mit jungen Israelis, die ein Kurz-Stipendiat des Landes erhalten hatten und ihre Deutschland-Erfahrungen schilderten.

"Wundervolle Menschen" habe sie kennengelernt, schwärmte Wisam Chaleila, die als arabischstämmige Israelin in Düsseldorf zum Antisemitismus geforscht hat. Deutschland bedeutet auch Erinnerung, wie Avner Ecker schilderte.

Er studierte in Köln: "An jeder Straßenecke gab es Erinnerungsschilder an den Holocaust. Das war für mich beeindruckender als der Dom." Eckers’ Großeltern stammten aus Essen, neun von zehn Brüdern seines Großvaters wurden von den Nazis ermordet.

Ecker: "Ich hatte Vorbehalte gegen die Deutschen. Aber ich habe mich sehr wohl gefühlt, es war eine gute Zeit in Köln." Rüttgers sah in den Stipendiaten die "Botschafter für NRW", würden die jungen Akademiker doch als Führungskräfte von morgen für das Land zwischen Rhein und Weser werben.

In Israel für Deutschland zu werben ist die eine Sache - das gelingt auch durch das ehrenamtliche und finanzielle Engagement zahlreiche Bürger und Firmen.

Die Erinnerung an die Judenverfolgung und die besondere Verantwortung der Deutschen wachzuhalten, ist auch Aufgabe der Schulen. Seit zehn Jahren gibt es das Angebot an deutsche Lehrer, in Seminaren an der Gedenkstätte Yad Vashem ihr Wissen um den Holocaust zu vertiefen und neue Ideen für ihren Unterricht zu Hause zu sammeln.

"Eine Erfolgsgeschichte", nannte der deutsche Koordinator des Programms, Theo Schwedmann, die bisherige Arbeit. Ins Leben gerufen hat das Seminar Johannes Rau, Rüttgers will es nun intensivieren. Schon gibt es das Angebot von Vertiefungsseminaren, die das Land finanziert.

Es ist also die Politik der kleinen Schritte, die Rüttgers bei seinem Israel-Besuch leistet. Die schwierige innenpolitische Lage verhindert, dass er einen der Top-Akteure aus der israelischen Regierung trifft - schließlich steht Premierminister Ehud Olmert wegen der Korruptionsvorwürfe stark unter Druck, musste schon vorgezogenen Neuwahlen zustimmen.

Doch Rüttgers betreibt seine Israel-Politik nachhaltig. Im dritten Amtsjahr ist er zum dritten Mal hier. Das merken die Israelis. Die Atmosphäre ist ausgesprochen freundlich für den Regierungschef aus Düsseldorf.