Haushalt: NRW ist Schuldenland Nummer 1

Die schwarz-gelbe Landesregierung hinkt der allgemeinen Entwicklung hinterher. Einige Länder sind schon beim Schuldenabbau.

Düsseldorf. Die nordrhein-westfälische Landesregierung ist das bisher größte finanzielle Risiko ihrer Geschichte eingegangen: Mit den Stimmen von CDU und FDP billigte der Landtag am Donnerstag einen fünf Milliarden Euro großen Risikoschirm für die angeschlagene Bank WestLB, bei der das Land der größte Einzeleigentümer ist.

Die Landesregierung hält das Risiko für vertretbar, die Opposition warnt vor verborgenen Gefahren. Das Land geht dieses immense Risiko in einer Situation ein, in der es finanziell immer noch nicht im grünen Bereich ist. Der Vergleich unserer Zeitung belegt: NRW hinkt gegenüber den anderen Ländern bei der Schuldenpolitik kräftig hinterher.

CDU und FDP waren vor der jüngsten Landtagswahl 2005 mit dem Versprechen angetreten, NRW aus dem Finanzdesaster zu führen, in das SPD und Grüne das Land in den vergangenen Jahrzehnten geführt hatten. Der rasche Schuldenabbau war Konsens und wurde im Koalitionsvertrag als Ziel festgelegt - wann jedoch erstmals ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt werden sollte, blieb auch da offen.

Von diesem Ziel ist die Koalition noch weit entfernt. In der mittelfristigen Finanzplanung ist noch für das Jahr 2011 eine Neuverschuldung von 800 Millionen Euro vorgesehen. Schon jetzt ist NRW Schuldenmeister, nimmt mit 1,7 Milliarden Euro die meisten Schulden unter den 16 Bundesländern auf (siehe nebenstehende Grafik).

Ehemalige Armenhäuser der Republik wie etwa Berlin, Sachsen-Anhalt und selbst Mecklenburg-Vorpommern wollen schon in diesem Jahr Schulden im nennenswerten Umfang abbauen.

Länder wie etwa Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen oder Hamburg sind die Musterknaben unter den Ländern. Sie nehmen keine neuen Schulden mehr auf, haben einen teils schmerzhaften Sparkurs hinter sich und wollen in den kommenden Jahren Schulden abbauen, wenn sie es nicht jetzt schon tun.

Davon kann NRW nur träumen. Der derzeitige Schuldenstand beträgt immense 117 Milliarden Euro. Im Schuldenvergleich findet sich das bevölkerungsreichste Land auf einer Stufe mit dem Zwerg-Land Saarland, dem Armenhaus Schleswig-Holstein, der Großstadt Bremen und dem SPD-regierten Rheinland-Pfalz unter SPD-Chef Kurt Beck wieder. Selbst das Ost-Land Thüringen hat da eine bessere Perspektive zu bieten.

Dabei regieren CDU und FDP noch in sehr günstigen Zeiten. Die Steuerquellen sprudeln wie noch nie: 2006, im Jahr des ersten eigenen Haushalts der schwarz-gelben Koalition, kalkulierte das Land zunächst mit 34,3 Milliarden Euro Steuereinnahmen, in diesem Jahr werden es wohl 41,5Milliarden Euro sein.

Das ist ein Einnahmeplus von 7,1 Milliarden Euro innerhalb von drei Jahren und in der Größenordnung einmalig. Und es geht munter weiter: Gegenüber den bisherigen Schätzungen nahm NRW im ersten Quartal des Jahres 860Millionen Euro mehr ein als geplant, sagte gestern Finanzminister Helmut Linssen (CDU).

Die Neuschverschuldung wurde aber in dem gleichen Zeitraum nicht im gleichen Maße zurückgefahren. Im Jahr 2006 wurden zunächst 5,7Milliarden Euro an Krediten eingeplant, in diesem Jahr werden es 1,7 Milliarden Euro sein. Das ist Bundesrekord unter den Ländern und im Vergleich lediglich ein Rückgang um 3,9Milliarden Euro.

Dafür gibt es Gründe, hieß es gestern aus dem NRW-Finanzministerium. Schließlich lasse man mit 1,4Milliarden Euro an Zusatzzahlungen die Kommunen am Aufschwung teilhaben. Und man müsse deutlich mehr für die gestiegenen Zinsen und die Pensionslasten ausgeben. Diese Effekte gelten freilich für alle Länder.