Ultimatum ausgelaufen Kein Ende im Fall Sami A.: Anwältin beantragt Zwangsgeld
Gelsenkirchen/Düsseldorf (dpa) - Im Rechtsstreit um die Abschiebung des tunesischen Islamisten Sami A. fordert seine Anwältin von der Stadt Bochum ein Zwangsgeld von 10.000 Euro.
Zuvor war in der Nacht zum Mittwoch ein Ultimatum des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen abgelaufen, ihn bis zu dem Termin zurückzuholen.
„Das Fax ist in der Nacht raus, das Geld muss gezahlt werden“, sagte die Anwältin Seda Basay-Yildiz am Mittwoch in Frankfurt der Deutschen Presse-Agentur.
Doch das ist noch nicht amtlich. Denn zuvor müsste das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen das bislang bloß angedrohte Zwangsgeld festsetzen. „Darüber muss das Gericht nun entscheiden - und gegen diese Entscheidung kann die Stadt Bochum wieder Beschwerde einlegen“, sagte Gerichtssprecher Wolfgang Thewes. Das Zwangsgeld würde die Staatskasse erhalten. „Es soll vor allem dazu dienen, Druck auf die Stadt Bochum auszuüben.“
Eine Beschwerde gegen die Festsetzung des Zwangsgelds hätte aufschiebende Wirkung. Das heißt, Geld würde zunächst nicht fließen. Im weiteren Verlauf des Verfahrens könnte das angedrohte Zwangsgeld aber erhöht werden.
Zuvor hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster einen Antrag der Stadt Bochum gegen das Ultimatum zurückgewiesen. Bislang habe Bochum keinerlei Bemühungen entfaltet, der ihr auferlegten Rückholverpflichtung nachzukommen, hieß es in der Begründung des OVG vom Dienstagabend.
Nordrhein-Westfalens Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) sagte auf dpa-Anfrage: „Wir respektieren die Entscheidung und stehen mit den zuständigen Bundesbehörden im Austausch. Im Falle einer Zwangsgeldfestsetzung werden wir zusammen mit der Stadt Bochum die erforderlichen rechtlichen Schritte einleiten.“
Sami A. kann nach Angaben tunesischer Behörden zurzeit allerdings auch nicht nach Deutschland reisen. Sein abgelaufener Pass sei weiter im Besitz der Behörden, gegen ihn werde weiter ermittelt.
Seit 2005 haben es mehrere deutsche Gerichte als erwiesen angesehen, dass Sami A. 1999/2000 in einem afghanischen Islamistenlager eine militärische Ausbildung durchlaufen hat und später der Leibgarde des 2011 getöteten Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden angehörte. Am 13. Juli war er abgeschoben worden, obwohl das Gelsenkirchener Gericht am Abend zuvor entschieden hatte, dass dies wegen Foltergefahr in Tunesien nicht zulässig sei. Der Beschluss war aber erst übermittelt worden, als die Chartermaschine bereits in der Luft war.
Über eine weitere, in der Sache noch wichtigere Beschwerde der Stadt Bochum gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen ist allerdings noch nicht entschieden. Die Richter hatten die Stadt verpflichtet, Sami A. nach Deutschland zurückzuholen - das will Bochum ebenso wenig wie das Ultimatum akzeptieren.
Hierzu laufen erst am kommenden Montag Stellungnahmefristen und erst am 13.8. Beschwerdebegründungsfristen aus. Allerdings hat Bochum die Begründung zu seiner Beschwerde bereits eingereicht. Die erwartete OVG-Entscheidung könnte den Nebenkriegsschauplatz um das Zwangsgeld nach Einschätzung von Juristen beenden.
Eine Wende in dem Streit könnte möglicherweise auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einleiten, falls die Behörde das Gelsenkirchener Verwaltungsgericht doch noch überzeugen könnte, dass sich die Sachlage zur Entscheidung des Falls Sami A. geändert habe.
Die Asylkammer hatte am 12. Juli im Eilverfahren entschieden, dass Sami A. nicht nach Tunesien abgeschoben werden dürfe, da ihm dort Folter und unmenschliche Behandlung drohten. Tatsächlich war Sami A. aber am vergangenen Freitag von den Behörden in Tunesien zunächst auf freien Fuß gesetzt worden, darf allerdings das Land wegen laufender Terrorermittlungen nicht verlassen.