NRW Kita-Plätze dringend gesucht: In NRW fehlen 77.500 Krippenplätze
Berlin. In Deutschland fehlen nach einer Untersuchung des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) fast 300.000 Kita-Plätze. Dabei sollte der Bedarf eigentlich schon seit vier Jahren gedeckt sein.
Aber die Planer haben das starke Interesse der Eltern am Betreuungsausbau unterschätzt.
Die Szene erinnerte an eine „sozialistische Wartegemeinschaft“ aus alten DDR-Zeiten: Vor einigen Tagen standen rund 450 Menschen in Leipzig Schlange - allerdings nicht für Südfrüchte oder Trabant-Ersatzteile, sondern um einen Platz für ihr Kind in einer noch im Bau befindlichen Kita zu ergattern. Dieser spektakuläre Vorgang hätte sich allerdings auch andernorts in Deutschland ereignen können. Nach einer aktuellen IW-Untersuchung fehlen bundesweit 293.486 Betreuungsplätze. Besonders im Westen ist die Not groß. Dort werden gut 262.000 Plätze zusätzlich benötigt. Im Osten sind es rund 31.000.
Dabei hatte die Politik vor, schon bis 2013 rund 750.000 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren zu schaffen. Doch dies sei immer noch nicht erreicht, sagte der IW-Experte Wido Geis unserer Redaktion. Bislang stünden nur 720.000 staatliche oder staatlich geförderte Plätze zur Verfügung. Zum anderen sei der Bedarf deutlich gestiegen, so Geis. Offenkundig auch deshalb, weil die Geburten wieder zunehmen. Bei einem „Krippengipfel“ im Jahr 2007 war man noch davon ausgegangen, dass sich durchschnittlich 35 Prozent der Eltern einen Betreuungsplatz für ihr Kind wünschen. Nach Erkenntnissen des IW hat sich dieser Anteil aber mittlerweile auf 46 Prozent erhöht. Das entspricht einem Gesamtbedarf von nunmehr rund einer Millionen Plätzen. Besonders groß ist die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit in Bremen. Dort fehlen 3.763 Plätze. Rund 20 Prozent der Kinder, bei denen sich die Eltern für eine entsprechende Betreuung interessieren, gehen dadurch leer aus. In Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sind es 16 Prozent, in Niedersachsen sowie Bayern etwa 15 Prozent. Deutlich entspannter geht es dagegen in Mecklenburg-Vorpommern zu. Dort liegt die Betreuungslücke nur bei 3,1 Prozent.
Bundesfamilienministerin Mauela Schwesig (SPD) verwies am Mittwoch auf das aktuelle Investitionsprogramm des Bundes, das für die Schaffung von weiteren 100.000 Kita-Plätzen sorgen soll. Der Bund müsse den Ländern und Kommunen hier unter die Arme greifen, „denn immer mehr junge Mütter und Väter möchten früher wieder in den Beruf zurückkehren“, meinte Schwesig. Kritik kam von der Opposition. „Die Bundesregierung redet das Problem klein und meint, mit einem Programm für 100.000 Kitaplätze bis zum Jahr 2021 sei das Problem gelöst“, bemängelte der kinderpolitische Sprecher der Linken, Norbert Müller. Auch der Familienexpertin der Grünen, Franziska Brantner, geht der Kita-Ausbau viel zu schleppend voran. Die von der Regierung bewilligten Mittel von 1,2 Milliarden Euro für 100.000 zusätzliche Plätze würden „hinten und vorne nicht“ reichen, so Brantner.
Seit 2013 haben Kinder ab dem ersten Geburtstag einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz oder die Betreuung durch eine Tagesmutter. Im vergangenen Jahr hatte der Bundesgerichtshof drei Familien deshalb das Recht auf Schadensersatz zuerkannt. Bislang klagen klagen allerdings nur wenige Betroffene.