Lösch- und andere Gase: Theoretisch sicher...
Analyse: Drei Unfälle mit Gas innerhalb von nur zwei Wochen allein in NRW schrecken auf.
Düsseldorf. Erst war es Mönchengladbach: Rund 25 000 Kubikmeter Kohlendioxid (CO2) strömten aus der Löschanlage eines Lacklagers, 107 Menschen wurden verletzt. Ursache? Immer noch unbekannt. Die Staatsanwaltschaft rechnet "voraussichtlich zum Ende dieser Woche" mit konkreten Ermittlungsergebnissen.
Dann Wuppertal: In einer Lackfabrik wurden bei Wartungsarbeiten an der Kohlendioxid-Löschanlage 15 Tonnen CO2 freigesetzt. Die Feuerwehr reagierte nach eigenem Bekunden "übervorsichtig", riegelte sofort alles ab und stoppte vorübergehend sogar die Schwebebahn. Dennoch klagten fünf Personen über Schwindel.
Jetzt Wülfrath: Aus letztlich immer noch ungeklärter Ursache treten in einem Chemieunternehmen 300 Liter des giftigen und explosiven Dicyclopentadien aus - 53 Menschen werden zum Teil schwer verletzt. Eine so genannte Berstscheibe, eigentlich ein Sicherheitsdetail, soll zu früh gebrochen sein, gleichzeitig sollen Abluftklappen geklemmt und so den Austritt des Gases ermöglicht haben. Eine Verkettung unglücklicher Umstände? Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Theoretisch sind insbesondere CO2-Löschanlagen wie die in Mönchengladbach und in Wuppertal vollkommen sicher. Denn sie sind Teil eines Konzeptes, das sicherstellen soll, dass die Bevölkerung eben nicht gefährdet wird. Die Menge des gelagerten - an sich ungiftigen, erst durch erhöhte Konzentration gefährlichen - Kohlendioxids ist üblicherweise genau berechnet für die Größe des Bereichs, der mit dem Gas geflutet werden soll.
Darüber hinaus wird das Gas erst nach einem lauten Alarm freigegeben, und automatisch schließende Türen und Schotten verhindern den Austritt ins Freie. Auch in dem Wülfrather Werk gibt es Sicherheitsmaßnahmen, die einen Gasaustritt hätten verhindern sollen. Theoretisch.
Praktisch aber kam es in allen drei Fällen zum Austritt von Gas - und zu Verletzten.
Praktisch gab es nach Beobachtungen unserer Leser bei dem Wülfrather Störfall aber auch massive Kommunikationspannen beim Einsatz von Feuerwehr und Polizei: Während ein Teil der Bevölkerung bereits frühzeitig aufgefordert wurde, Fenster und Türen geschlossen zu halten, gab es in anderen Wohngebieten erst verspätete Warnungen und für die Menschen im unmittelbaren 200-Meter-Gefahrenkreis um die Unfallstelle zunächst sogar gar keine Informationen. In diesem Gefahrenkreis hatten sich alle der 53 Verletzten, darunter sieben Polizisten, aufgehalten.