SPD-Chef Beck: Haderthauer hat völlig die Fassung verloren
Unser Interview mit der CSU-Generalsekretärin schlägt Wellen. Das Klima in der Großen Koalition ist vergiftet.
Düsseldorf/München. SPD-Chef Kurt Beck hat CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer für ihre Attacken auf seine Partei scharf kritisiert. Er interpretierte die Angriffe als Ausdruck der Angst vor einem Machtverlust der Christsozialen. "Eine solch nervöse CSU hab’ ich in der Politik selten erlebt." Haderthauer und Ministerpräsident Günther Beckstein hätten "völlig die Contenance verloren", weil in Bayern "offen über eine Neukonstellation" in der Politik geredet werde.
Der bayerische Wahlkampf konzentriert sich fünf Wochen vor dem Urnengang immer stärker auf die Frage, wie die SPD mit der Linkspartei umgeht. Das vergiftet zunehmend auch das Klima in der Großen Koalition in Berlin.
Angriffspunkt für die CSU ist die hessische SPD-Vorsitzende Andrea Ypsilanti. Sie will sich mit Hilfe der Linken zur Ministerpräsidentin einer rot-grünen Minderheitsregierung wählen lassen. CSU-Generalsekretärin Haderthauer sagte dazu in einem Interview mit unserer Zeitung, die SPD würde damit "zum Steigbügelhalter für Kader-Geschwader" und, ganz im Sinne Lenins, zum "nützlichen Idioten" der Linken.
Am Freitag legte CSU-Chef Erwin Huber nach. "Statt einen klaren Trennungsstrich zur SED-Nachfolgerin zu ziehen, sucht die SPD den direkten Weg ins Koalitionsbett mit der Linkspartei", kritisierte er in München.
Beck schloss ein Zusammengehen mit der Linkspartei im Bund erneut aus. "Wer den EU-Grundlagenvertrag abgelehnt haben will, der scheidet als Partner aus." Huber konterte, dieser Beteuerung glaube niemand mehr, weil die hessische SPD "rot-rote Fakten" schaffe. "Beck muss schmerzhaft die alte Volksweisheit lernen: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht."
Linke-Fraktionschef Gregor Gysi bezeichnete die Aufregung um eine Tolerierung in Hessen als "Affentheater", das "schwachsinnig" sei, weil SPD und Linke seit Jahren in Berlin regierten, "ohne dass Deutschland untergegangen ist".
Derweil wurde deutlich, dass die SPD-Führung für den früheren Vorsitzenden Franz Müntefering noch keine Rolle gefunden hat. Den Bundestagswahlkampf leiten soll er aber nicht. Der ehemalige Vizekanzler "wird nicht technischer Wahlkampfmanager", sagte Beck am Freitag im Fernsehsender N24 zu entsprechenden Spekulationen. "Das ist wirklich etwas daneben." Man könne aber "davon ausgehen, dass wir miteinander im Gespräch sind", fügte er hinzu und nannte Müntefering einen "hoch erfahrenen Mann".
Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, könnte die Union laut einer Infratest-dimap-Umfrage mit 37 Prozent rechnen, die SPD mit 25 - je ein Prozentpunkt mehr als vor zwei Wochen.