Mauschelei: Laumann zieht die Reißleine

NRW-Ministerien überprüfen sämtliche Wettbewerbsunterlagen.

Düsseldorf. Der Skandal um Mauscheleien bei den vom Land NRW ausgelobten Wettbewerben um Fördermillionen der Europäischen Union (EU) zieht immer weitere Kreise.

Der geschasste Staatssekretär im Landesgesundheitsministerium, Stefan Winter (CDU), hat nun - zwei Monate nach seinem Rauswurf bei der Landesregierung - bei einer Medizin-Beraterfirma einen hochdotierten Job angetreten.

Diese Firma hatte bei einem Wettbewerb des Gesundheitsministeriums gewonnen. Minister Karl-Josef Laumann (CDU) hat nun die Reißleine gezogen. "Wir haben die Firma aufgefordert, ihre Projektanträge zurückzuziehen. Das ist auch geschehen", sagte ein Ministeriumssprecher.

Winter war als Behördenleiter des Ministeriums mitverantwortlich für den Ablauf des Wettberwerbs.

Im Juli hatte unsere Zeitung exklusiv von den Missständen bei dem Wettbewerb berichtet. Um eine Gesamtfördersumme von 70 Millionen Euro hatten sich zunächst Firmen und Institute mit 235 Projekten beworben. Eine zehnköpfige Jury wählte 33 Projekte aus.

Mindestens vier der zehn Juroren hatten eigene Projekte im Rennen. "Alles ist sauber gelaufen", sagte Winter gestern unserer Zeitung. Schließlich seien die Preisrichter immer dann vor die Tür gegangen, wenn ihr Projekt zur Abstimmung stand.

Doch nur knapp drei Wochen später schmiss Laumann seinen Staatssekretär Winter raus, ein in der dreijährigen Regierungszeit von Schwarz-Gelb einmaliger Vorgang. Offiziell hieß es, Winter sei wegen Differenzen um den richtigen Kurs um das Rauchverbot gegangen.

Offenkundig wurde auch das Ministerium davon überrascht, dass Winter ausgerechnet zu einer Firma wechselte, die gerade vom Ministerium mit einem großen Förderauftrag versorgt werden sollte. Im Ministerium werden nun alle finanziell relevanten Unterlagen durchforstet. Winter: "Ich habe erst vor zwei Wochen davon erfahren, dass mein neuer Arbeitgeber damals über eine Tochterfirma an dem Wettbewerb beteiligt war."

Derweil hat der Fall auch in den anderen Ministerien Alarm ausgelöst. Überall werden die Wettbewerbsunterlagen durchforstet und mit den Daten der Juroren verglichen. Erste Konsequenzen hat Europaminister Andreas Krautscheid (CDU) gezogen, der auch den Bereich Medien verantwortet.

Bei einem Wettbewerb "Medien-NRW" über 16 Millionen Euro habe es "Verbandelungen mit Instituten und Forschungseinrichtungen" von zwei Juryteilnehmern gegeben, wie Krautscheid gegenüber dem Hauptausschuss des Landtags einräumte. Daher habe er die beiden Juroren gebeten, entweder die Jury zu verlassen oder die Anträge zurückzuziehen. Die beiden hätten lieber die Jury verlassen.

Es sind 426 Millionen Euro, die das Land bis 2013 über Wettbewerbe im Land verteilen will. Das Geld stammt aus Brüssel und ist als Hilfe für strukturschwache Gebiete gedacht. Die Landesregierung verteilt einen Großteil des Gelder über Wettbewerbe, weil sie Schluss machen wollte mit der undurchsichtigen Geldervergabe der rot-grünen Vorgängerregierung.