NRW Modellversuch für Polizei-Bodycams wahrscheinlich
Minikameras für Polizisten in NRW werden nun wohl doch in NRW getestet. Der Innenminister ist zwar skeptisch, inwieweit sie Angriffe auf Beamte verringern helfen. Aber: die Regierungsfraktionen SPD und Grüne zeigen sich offen für einen Modellversuch im Land.
Düsseldorf (dpa). Für den Einsatz von Minikameras an Brust oder Schulter von Polizisten zeichnet sich in Nordrhein-Westfalen ein Modellversuch ab. Über eine Ausrüstung der Landespolizei mit den sogenannten Bodycams zum Schutz der Beamten sei weiterhin keine Entscheidung gefallen, sagte Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde im Düsseldorfer Landtag.
Wolle man die Minikameras in NRW einführen, seien ein eigener, wissenschaftlich begleiteter Test sinnvoll und außerdem ein geordnetes Verfahren mit einer Änderung des Polizeigesetzes nötig. Bodycams könnten „wenn überhaupt (...) ein kleiner Baustein sein“, um die zunehmenden Angriffe auf Beamte zu verringern, sagte Jäger.
Allerdings: Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen wollen einen Test im bevölkerungsreichsten Bundesland unterstützen. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) äußerte sich am Donnerstag sogar „positiv überrascht, dass die Bodycam nun doch kommen soll“.
Nach Ansicht von Jäger sind Ergebnisse aus laufenden Tests in Hessen und Rheinland-Pfalz für NRW „im Wesentlichen nicht brauchbar“, man könne sie nicht „eins zu eins“ übertragen. In Hessen sei das Personal im Rahmen des Tests verdoppelt worden, statt zwei Polizisten gingen also vier - davon einer mit Kamera - auf Streife. Dass es dann weniger Angriffe auf Beamte gebe, sei nicht verwunderlich und der Personalverstärkung zuzuschreiben. Die bisherigen Ergebnisse seien „wenig fundiert“, ihre Herleitung mitunter „oberflächlich“.
SPD-Innenpolitiker Thomas Stotko zufolge will seine Fraktion einen eigenen NRW-Test unterstützen. Nun werde ein Weg gesucht, um das rechtskonform zu ermöglichen. Für die Grünen schloss Matthi Bolte einen solchen Modellversuch ebenfalls nicht aus. Es gebe zwar gewichtige Gründe gegen Bodycams. So dürften sie nicht zu einem Vertrauensverlust gegenüber den Polizeibeamten führen. Aus den beiden anderen Bundesländern kämen aber auch positive Rückmeldungen: Dass sich Polizisten mit den Minikameras sicherer fühlten und man Hinweise auf eine deeskalierende Wirkung der Bodycams habe.
Die oppositionelle CDU sprach von einer Kehrtwende bei Rot-Grün: Man habe sich „vom Saulus zum Paulus“ gewandelt, meinte Innenexperte Gregor Golland. Endlich wechsele die Landesregierung vom „Passiv- in den Aktivmodus“ und erfülle nach langer „Verweigerungshaltung“ eine CDU-Forderung. Für die FDP kommen Schulterkameras „anlassbezogen“, „situationsbezogen“ und „in engen Grenzen des Datenschutzes“ infrage, wie Innenpolitiker Marc Lürbke im Düsseldorfer Landtag sagte.
Nur die Piraten-Fraktion lehnt Bodycams kategorisch ab. Es sei zu befürchten, dass tagtäglich Bilder von „tausenden unschuldigen Menschen“ aufgezeichnet werden, betonte der innenpolitische Sprecher Frank Herrmann. Dabei kritisierte er auch, dass die Koalition in Berlin sich angeblich geeinigt habe, die Bundespolizei mit Bodycams auszustatten. Seit Januar erprobe diese den Einsatz am Kölner und Düsseldorf Hauptbahnhof. Herrmann sprach von einem „Ausverkauf von Bürgerrechten“ und der Verschwendung von Steuergeldern.
GdP-Landeschef Arnold Plickert betonte: „Die Zahlen sind eindeutig, Gewalt gegen Polizisten nimmt ab, wenn sie die Kamera tragen.“ Allerdings: „Auf der anderen Seite haben wir den Eindruck, dass es sich um ein Kompensationsgeschäft handelt und im Gegenzug die Kennzeichnungsplicht für Polizeibeamte durchgewunken werden soll. Die lehnen wir ab, sie ist überflüssig“. Die CDU sprach von einem „Kuhhandel“ zwischen SPD und Grünen und kritisierte: Dann würden demnächst gut identifizierbare Einsatzkräfte in Auseinandersetzungen mit Vermummten geschickt.