NRW: Neonazi-Spitzel schnüffeln weiter

Trotz diverser Pannen sind keine V-Leute des Verfassungsschutzes enttarnt worden. Gleichwohl ermitteln nun die Staatsanwälte.

<strong>Düsseldorf. Der Super-Gau scheint ausgeblieben zu sein: In der Affäre um einen kriminellen Verbindungsmann in der westfälischen Neonazi-Szene gab der stellvertretende Leiter des NRW-Verfassungsschutzes, Burkhard Freier, erst einmal Entwarnung: "Wir wissen davon nichts", sagte er am Mittwoch im Innenausschuss des NRW-Landtags. Er dementierte dabei Berichte, in der rechten Szene seien bis zu zwölf Spitzel durch Ungeschicklichkeiten bei Verfassungsschutz und Justiz "verbrannt" worden. "Die arbeiten alle weiter in der Szene", hieß es in Geheimdienstkreisen.

Die massiven Zweifel hat der Verfassungsschutz selbst genährt

Diesen Verdacht hatten allerdings in den vergangenen Woche führende Verfassungsschutzleute selbst gestreut. Hinter verschlossenen Türen hatten sie gesagt, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass bei einem Prozess in Dortmund eine Panne passiert sei. Dort stand in diesem Jahr ein 22-Jähriger wegen eines bewaffneten Raubüberfalls vor dem Kadi. Er gab an, der 27-jährige Sebastian S. habe ihn angestiftet und ihm die Waffe in die Hand gedrückt. Beim Überfall war eine Person schwer verletzt worden. S. war Spitzel in der gewaltbereiten Skinhead-Szene in Westfalen und kriminell. Sein Telefon war abgehört worden - und damit auch Gespräche mit seinem Kontaktbeamten beim Verfassungsschutz.

Vor einer Woche konnten die Verfassungsschutzexperten nicht ausschließen, dass der Anwalt des 22-Jährigen die Telefondaten des V-Mann-Führers in den Ermittlungsdaten einsehen und so Spitzel enttarnen konnte.

Das sorgte für jede Menge Aufregung und löste hektische Aktivitäten bei den Justizbehörden aus. Sie konnten erst nach Tagen Entwarnung geben. Die Ermittlungsakten, in die der Verteidiger Einblicke erhalten habe, gäben keinerlei Hinweise auf Telefonkontakte, sagte Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) vor dem Landtags-Innenausschuss.

Peinlich bleibt die ganze Affäre sowohl für das Justiz- als auch für das Innenministerium gleichwohl. Der Spitzel des Verfassungsschutzes, also der 27-jährigen Sebastian S., sitzt in Untersuchungshaft.

Offen ist immer noch, ob da unter den Augen des Verfassungsschutzes, einer staatlichen Behörde, nicht ein Krimineller sein Unwesen treiben konnte und dafür sogar noch aus Steuergeldern bezahlt wurde. Aktuell wird er des Drogenhandels und der Beihilfe zu dem Überfall verdächtigt. "Wenn ein V-Mann eine Straftat verübt hat, wird die Zusammenarbeit sofort beendet", betonte Mittwoch Innenminister Ingo Wolf (FDP).

Es hat mehr als eine Woche gedauert, bis Klarheit herrschte: In derAffäre um den augenscheinlich hochkriminellen V-Mann in derwestfälischen Neonazi-Szene sind keine weiteren Spitzel aufgeflogen.