NRW stellt Turbo-Abi auf den Prüfstand
Ministerin Löhrmann reagiert auf die bundesweite Debatte und kündigt Gespräche am Runden Tisch an.
Düsseldorf. In Nordrhein-Westfalen kommt überraschend Bewegung in die Debatte um das Turbo-Abitur. Landesschulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) kündigte Freitag einen Runden Tisch zum umstrittenen Abitur nach acht Jahren an den Gymnasien (G 8) an, um sich zu vergewissern, ob dies noch gesellschaftlicher Konsens sei. An den Gesprächen sollen noch im Frühjahr Vertreter von Schulen, Wissenschaft, Wirtschaft sowie aller Landtagsfraktionen teilnehmen.
Löhrmann hatte noch vor kurzem betont, dass sie nicht zum Abitur nach neun Jahren (G 9) zurückkehren wolle. In einem Radiointerview bekräftigte sie Freitag, dass es im Land ein flächendeckendes G-9-Angebot gebe — an den Gesamtschulen.
Das 2005 eingeführte Turbo-Abitur stößt seit langem auf Kritik. Eltern beklagen einen wachsenden Leistungsdruck für ihre Kinder durch die Verdichtung des Unterrichtsstoffes. Die Debatte wird angeheizt durch eine bundesweite Initiative gegen G 8. Niedersachsen kündigte in dieser Woche an, zu G 9 zurückzukehren.
Löhrmanns Vorstoß traf auf unterschiedliche Reaktionen. Die SPD zeigte sich völlig überrascht — der Vorstoß war nach Informationen unserer Zeitung nicht abgesprochen. Die CDU warnte, eine Rückkehr zu G 9 würde „mehrere Jahre der Umstellung“ an den Gymnasien bedeuten. Die Landeselternschaft der Gymnasien unterstützt das Turbo-Abitur.
Der Deutsche Lehrerverband forderte dagegen die Rückkehr zu G 9 innerhalb der kommenden drei Jahre. Marcus Hohenstein, Sprecher der Elterninitiative „G 9 jetzt in NRW“ kritisierte im Gespräch mit unserer Zeitung, dass an dem Runden Tisch nur Verfechter des Turbo-Abiturs teilnehmen würden. Er forderte die rot-grüne Landesregierung auf, die Kritiker ernst zu nehmen.