Richter stärken Rechte der kleinen Parteien
Erneut kassiert das Verfassungsgericht ein NRW-Gesetz für die Kommunalwahl – die Folgen sind offen.
Düsseldorf. Wieder gab es für die Landesregierung eine juristische Ohrfeige aus Münster. Hatte das Landesverfassungsgericht bereits in der Vergangenheit die Zusammenlegung von Innen- und Justizministerium kassiert und damit dereinst Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) brüskiert, erklärte es außerdem in schöner Regelmäßigkeit Etats für verfassungswidrig und scherte sich nicht darum, ob die Haushalte von Rot-Grün oder Schwarz-Gelb aufgestellt worden waren - es traf beide. Nun kippte das Gericht das Kommunalwahlrecht, wie schon 1999. Die Politik muss schnell reagieren, denn im kommenden Juni wird wieder gewählt.
Das gerade kassierte Kommunalwahlgesetz ist eigentlich noch ziemlich frisch. Es wurde von der schwarz-gelben Landesregierung erst vor rund einem Jahr verabschiedet. Politisch hoch umstritten war die Abschaffung der Stichwahl sowie die Abkoppelung der Ratswahl von der Direktwahl der Oberbürgermeister und Landräte.
Doch darüber hat das Gericht gestern nicht entschieden, sondern vielmehr der Klage der kleinen Partei ÖDP gegen die komplizierte Sperrklausel stattgegeben. Die sieht vor, dass die kleinen Parteien einen Sitz erst erhalten, wenn sie exakt die Stimmenzahl für 1,0 Sitze erzielt haben. Beispiel: Gibt es in einer Stadt mit 300000 Wahlberechtigten 30Ratssitze, braucht man bei einer Wahlbeteiligung von 50 Prozent 5000 Stimmen, um in das Parlament zu gelangen. Wer nur 4999 holt, ist gescheitert.
Das sei ungerecht und könne gerade in kleinen Gemeinden mit wenigen Ratssitzen zur Einführung einer Fünf-Prozent-Hürde durch die Hintertür führen, argumentierte die ÖDP als Klägerin. Dem gab das Gericht nun statt.
Unklar ist, wie die Landespolitik auf das Urteil reagiert. "Es ist nun klar, dass es im Kommunalwahlrecht keine Mindersitzklausel geben kann", sagte Innenminister Ingo Wolf (FDP). Das könne bedeuten, dass schon wenige Stimmen für Sitz und Stimme reichten. Das sei zwar bedauerlich, aber dieser Herausforderung müssten sich die großen Parteien eben stellen.
FDP-Fraktionschef Gerhard Papke kündigte hingegen an, das Gesetz "nachzujustieren". Die SPD will derweil eine neue Sperrklausel von 2,5Prozent. Das dürfte aber nach den Einlassungen der Münsteraner Richter kaum Erfolg haben. Die haben sich auf die Seite der Kleinen gestellt.