NRW Schmutzige Luft: Städtetag will Fahrverbote für Diesel

NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin: Es muss für Lieferverkehr Ausnahmen geben. Der SPD-Mann wirft der Autoindustrie Versagen vor.

Abgase verpesten die Luft - darüber herrscht Einigkeit. Nicht aber, wie man die Luft in den Städten besser machen kann. (Symbolbild)

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Düsseldorf. Das ab 2018 geplante Fahrverbot für ältere Dieselautos in Stuttgart hat eine kontroverse Debatte ausgelöst. Der Deutsche Städtetag begrüßte die Entscheidung der baden-württembergischen Landesregierung. „Ich fürchte, dass wir an Fahrverboten nicht vorbeikommen“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. Er forderte die Einführung von sogenannten blauen Plaketten, damit nur noch schadstoffarme Dieselautos, die die Abgasnorm Euro 6 einhalten, in den Innenstädten fahren dürfen. Während die Luft in Stuttgart durch ein Übermaß an Feinstaub und Stickoxiden belastet wird, kämpfen die meisten anderen Städte nur mit Stickoxiden. Der bereits seit 2010 gültige EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter wird in etwa 80 deutschen Kommunen überschritten. Dieselmotoren gelten als Hauptverursacher.

Stickoxide sind gesundheitsschädlich. Sie können Kopfschmerzen, Schwindel, Atemnot und in Extremfällen Schlaganfälle auslösen. NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) möchte Fahrverbote für Dieselautos verhindern. Wenn das nicht gelingt, will er zumindest den Lieferverkehr schützen. „Für berufsbedingte Fahrten muss es auf jeden Fall Ausnahmen geben“, so Duin am Mittwoch bei einer Veranstaltung in der Handwerkskammer Düsseldorf. „Die Autoindustrie hat an dieser Stelle versagt. Es kann nicht sein, dass Handwerksbetriebe das ausbaden müssen.“ Bei diesem Thema gebe es zwischen ihm und NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) keinen Streit.


Der Städte- und Gemeindebund sieht Fahrverbote für Dieselautos kritisch. „Das ist nur eine kurzfristige Reparaturmaßnahme“, so Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. Für Handwerker, andere Gewerbetreibende und Einsatzfahrzeuge müsse es Ausnahmen geben. Sie seien für die Wirtschaft und den Schutz der Infrastruktur einer Stadt unverzichtbar. Im Gegensatz zum Deutschen Städtetag vertritt der Gemeindebund die Interessen der kleineren Kommunen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hält Diesel-Fahrverbote für falsch. Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität sollten „nicht die Mobilität einschränken oder die Bürger und die innerstädtische Wirtschaft belasten“, teilte er mit.

Das sieht der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen ganz anders. Fahrverbote seien unverzichtbar, und zwar für alle Diesel-Pkw. „Allerdings müssen die Autofahrer damit das ausbaden, was die Politik verschlafen hat.“

Dudenhöffer wirft der Politik vor, der Autoindustrie gegenüber viel zu nachlässig zu sein. Selbst die aktuell strengste Abgasnorm Euro 6 garantiere keinesfalls die Einhaltung der Grenzwerte. Wenn im normalen Fahrbetrieb getestet werde, stoßen die bislang untersuchten 38 Dieselautos 4,8-mal so viele Stickoxide aus wie erlaubt. „Knapp 95 Prozent der getesteten Dieselautos mit Euro-6-Norm sind Umweltsünder“, so Dudenhöffer. Der Renault Captur überschritt den Stickoxid-Grenzwert demnach um das 17-Fache.