Steinkohle: Die Kampfansage kam per E-Mail
NRW-Ministerpräsident Rüttgers überrascht mit seinem Vorstoß, bereits 2014 aus der Steinkohle auszusteigen.
Düsseldorf. Es war Dienstagabend kurz vor 21 Uhr, als die E-Mail aus der Düsseldorfer Staatskanzlei im Bundeswirtschaftsministerium eintraf. Sein Inhalt sorgte noch in der Nacht und dann am nächsten Morgen für hektische Telefonate: NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) forderte darin, "die subventionierte Förderung der Steinkohle in Deutschland bis
2014 sozialverträglich zu beenden". Das war eine klare Kampfansage an die Bundesregierung und damit auch an Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel. Die hatte am Montagabend einen Ausstiegstermin für das Jahr 2018 abgenickt. Rüttgers saß bei diesem Gespräch nicht mit am Tisch, da es eine interne Sitzung der Großen Koalition mit den Spitzenvertretern von CDU und SPD war.
Tatsächlich hatte Rüttgers am Sonntagabend, als er beim eigentlichen Kohlegipfel mit Saarlands Ministerpräsident Peter Müller, Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU), Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), RAG-Chef Werner Müller und dem Chef der Gewerkschaft IGBCE, Hubertus Schmoldt, beriet, dem Termin 2018 nicht zugestimmt. Er hatte es aber hingenommen, dass dieses Datum am Montagabend Zielpunkt war. Alle Beteiligten sprachen danach vom "Durchbruch" - von Glos über Steinbrück über Merkel waren alle zufrieden.
Rüttgers bekam hingegen Gegenwind vor allem von der FDP, mit der er in NRW regiert. Die Liberalen fordern seit Jahr und Tag, dass schnellstmöglich Schluss sein soll mit den Kohle-Subventionen aus der Landeskasse, die derzeit über 560 Millionen Euro jährlich betragen. Ein Ausstieg erst im Jahr 2018 empfinden sie als zu spät, weil er viel zu teuer werden würde.
Auch innerhalb der CDU-Landtagsfraktion gab es kritische Stimmen, die daran erinnerten, dass es Parteitagsbeschluss sei, bereits im Jahr 2015 Schluss mit der Steinkohle zu machen. Allerdings waren die Stimmen nicht so gewichtig, als dass sie Jürgen Rüttgers zu seinem überraschenden Schritt gezwungen hätten.
Die Reaktionen auf die neue Entwicklung fielen heftig aus. "Schamlos und verantwortungslos" nannte Hubertus Heil, Generalsekretär der Bundes-SPD, den Vorstoß von Rüttgers. Er wie IGBCE-Chef Hubertus Schmoldt wiesen auf die möglichen Folgen für die Beschäftigten bei den noch existierenden acht Zechen hin. Bis jetzt war es Konsens - auch und ausdrücklich von Rüttgers - dass der Ausstieg ohne Kündigungen abgewickelt werden soll. Das hängt aber von einem erfolgreichen Börsengang der RAG ab.