Streit um neue NRW-Schulden
Minister greift zu Vergleich mit Griechenland. Heftige Attacken von CDU und FDP gegen Etat.
Düsseldorf. Schlussstrich oder Schuldenorgie? Im Landtag stritten am Mittwoch die Vertreter der rot-grünen Minderheitsregierung vor allem mit CDU und FDP um die Deutungshoheit über den Nachtragshaushalt für das Jahr 2010. Ob er überhaupt umgesetzt wird, ist aber noch offen. Dabei sei die Lage ähnlich dramatisch wie in Griechenland, sagte Landesfinanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD).
Die nackten Zahlen sprechen eine klare Sprache: Rund 8,9 Milliarden Euro neue Schulden will Walter-Borjans (SPD) machen. Der Ansatz seines Vorgängers Helmut Linssen (CDU) lag rund 2,4 Milliarden Euro darunter. Die knapp neun Milliarden Euro wären mit weitem Abstand die höchste Neuverschuldung in der Geschichte des Landes.
Entsprechend wuchtig fielen die Attacken der Opposition aus. "Sie haben den Rotstift abgeschafft. Sie machen einen Haushalt auf Kosten der Kinder", sagte CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann. Im Gegensatz zu anderen Ländern wie etwa Hamburg, Niedersachsen oder Hessen bleibe NRW jede Sparanstrengung schuldig. Laumann zitierte den Ex-Ministerpräsidenten und Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, der in seinem Buch der SPD attestiert, sie habe ein "verkürztes Bein in der Wirtschaftspolitik" und laufe daher immer im Kreis.
Ein "krachendes Scheitern" bescheinigte FDP-Fraktionschef Gerhard Papke dem Landesfinanzminister bereits wenige Monate nach seinem Amtsantritt. Walter-Borjans lasse jeden Willen zum Sparen vermissen.
Der SPD-Politiker verteidigte sein Zahlenwerk: "Das ist ein Schlussstrich unter die Bilanz der alten Landesregierung." Notwendige Rückstellungen bei WestLB, Pensionsfonds und für Außenstände gegenüber den Kommunen summierten sich auf 375 Millionen Euro. "In Griechenland ist es höchste Zeit, sich der wahren Finanzlage zu stellen. Das haben wir in NRW in der Tat mit Griechenland gemeinsam", so Walter-Borjans.
Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) verlangt vom Land ab 2011 eine jährliche Einsparung von 850 Millionen Euro, um das in der gesetzlich verankerten Schuldenbremse vorgegebene Ziel der Neuverschuldung in 2020 zu erreichen. Dazu sagte Walter-Borjans nichts.
Die kommenden Wochen werden spannend. Rot-Grün bräuchte eine Stimme der Opposition oder zwei Enthaltungen. Die Linke forderte am Mittwoch schon Nachbesserungen "unter sozialen Gesichtspunkten".