Rot-Grün in NRW Sylvia Löhrmann: „Das ist ein emotionales Verhältnis“
Sylvia Löhrmann über Rot-Grün in NRW. Die stellvertretende Ministerpräsidentin erteilt nur der AfD eine strikte Absage.
Düsseldorf. Ein striktes Nein zu jeder Art von Zusammenarbeit mit der AfD, eine deutliche Abgrenzung zur FDP und ein „möglichst weiter so“ zu einem Zusammengehen mit dem Koalitionspartner SPD. So lässt sich die Marschroute zusammenfassen, die die beiden Parteivorsitzenden der Landes-Grünen, Mona Neubaur und Sven Lehmann, zusammen mit der grünen Ministerin Sylvia Löhrmann ausgegeben haben. Löhrmann, so macht die NRW-Schulministerin deutlich, will die Grünen als Spitzenkandidatin in den Wahlkampf führen.
Am Wahlprogramm wird gerade noch in der Partei unter viel Basisbeteiligung gefeilt, der Parteitag wird es Anfang Dezember beschließen. Neubaur spricht in einer Journalistenrunde in Düsseldorf etwas wolkig von einer „Politik des ruhigen Herzens“. Für die Entwicklung der Wahlkampagne habe man sich das Team von „Wigwam“ ausgesucht, das schon in Baden-Württemberg erfolgreich für den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann agierte.
Inhaltlich wollen die Grünen allerdings noch nicht allzu viel preisgeben. Parteichef Sven Lehmann sagt, man werde mit den drei „Mega-Anliegen“ Wandel, sozialer Zusammenhalt sowie Vielfalt und Offenheit in den Wahlkampf ziehen. Mit alten Strukturen sei NRW nicht zukunftsfähig. Für die Braunkohle soll im Wahlprogramm ein verbindlicher Ausstiegsplan mit klaren Ziellinien formuliert werden. Die Benennung eines konkreten Ausstiegsjahres ist den Spitzengrünen allerdings nicht zu entlocken.
Dafür ist man in der Bewertung der politischen Gegner beziehungsweise Weggefährten umso deutlicher. Zur AfD verliert Vize-Regierungschefin Löhrmann allerdings kaum Worte. Außer denen, dass dies die einzige Partei sei, mit der man gar nichts zu tun haben wolle, wenn es nach der Wahl im Mai um eine mögliche Regierungsbildung geht.
Deftige Attacken lässt Löhrmann indes gegen FDP-Fraktionschef Christian Lindner los. Vor dem Hintergrund, dass dieser zunächst im Mai in NRW als Spitzenkandidat antritt und später in ebendieser Position im September in den Bundestag (also gar nicht in NRW bleiben) möchte, sagt sie: „Lindner betrachtet die FDP als Mittel zum Zweck für seine eigene Karriere. Als Sprungbrett. Ich finde das schamlos.“
Und die CDU? „Laschet hat es geschafft, die CDU in ökologischen Fragen in die Zeit vor Rüttgers und Röttgen zurückzuführen“, sagt Löhrmann.
Trotz allem schließen die Grünen kein Bündnis - außer einem mit der AfD - aus. Lieblingspartner ist und bleibt der derzeitige Koalitionspartner SPD. Das sei nicht nur ein rationales Verhältnis, „sondern ein emotionales, weil die Zusammenarbeit Freude macht“, sagt Löhrmann. Und lächelt Hinweise auf teilweise deftige Attacken aus dem Lager eben dieses Koalitionspartners weg.
Michael Groschek hatte dieser Tage den Zeitgeist einer „durchgrünten Gesellschaft“ für eine Vielzahl von naturschutz- und nachbarrechtlichen Hürden beim Bau von Infrastrukturmaßnahmen verantwortlich gemacht. Der SPD-Bau- und Verkehrsminister hatte beklagt, dass „Egoisten im Mantel einer Bürgerinitiative“ mittlerweile an vielen Orten im Land dringend benötigte Planungen behinderten.
Die Grünen wissen, dass solche Statements ihnen nicht schaden müssen, sondern eher die eigene Wählerschaft motivieren können. Sven Lehmann: „Die Äußerungen zeigen, wie wichtig es ist, dass die Grünen in der Landesregierung sind. Eine Politik, die vor allem auf Beton setzt und Bürgerinitiativen beschimpft, ist nicht fortschrittlich.“ Wer heute noch den Gegensatz zwischen Wirtschaft und Umwelt pflege, sei „aus der Zeit gefallen“. Die Zeiten der Basta-Politik seien vorbei und gerade in diesen Tagen sei es doch ein Geschenk, wenn Menschen sich in Bürgerinitiativen engagieren. Lehmann: „Es ist das gute Recht eines jeden, sich gegen krankmachenden Fluglärm oder sinnlosen Autobahnausbau bis ins letzte Dorf zu wehren. Wir Grüne stehen an der Seite der Bürgerinitiativen, die bei Verkehrsprojekten auf den Schutz der Natur und die Gesundheit der Anwohner drängen.“
Solch deutliche Töne im Umgang mit dem Regierungspartner gehören freilich zum politischen Geschäft. Um der jeweiligen Wählerklientel deutlich zu machen, wofür man steht. Was aber nicht im Widerspruch dazu steht, dass man sich weiter die Treue halten will, um in einem Koalitionsvertrag möglichst viele der eigenen Ziele zu realisieren. Und so verweist Löhrmann darauf, dass auch SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft die Grünen als Lieblingspartner sieht. Kraft hatte vergangene Woche im Interview mit unserer Zeitung gesagt: „Wir sind zwei verschiedene Parteien mit zwei verschiedenen Programmen. Dass jeder vor dem Wahlkampf auch stärker auf die eigenen Inhalte schaut, ist ein normaler Prozess. Ich kämpfe für eine starke SPD. Und am Ende würde ich mich freuen, wenn es wieder zusammen mit den Grünen reicht.“