Parteitag NRW-Grüne bestätigen Doppelspitze: "Ehrliche Ergebnisse" für Neubaur und Banaszak
Die NRW-Grünen wählen einen drastisch verkleinerten Landesvorstand. Habeck und Giegold fordern „europäische Verantwortung“.
Troisdorf. Wenn Politiker von einem „ehrlichen Ergebnis“ sprechen, sind sie meist enttäuscht. Auch Mona Neubaur nimmt die Formulierung am Samstagmittag in der Stadthalle in Troisdorf in den Mund. Gerade ist die Landesvorsitzende nach 2014 und 2016 zum dritten Mal an die Spitze der NRW-Grünen gewählt worden - mit diesmal 75,4 Prozent. Das ist ihr bisher schlechtestes Ergebnis. Vor zwei Jahren waren es noch 90,5 Prozent.
Auch Felix Banaszak, erst vor viereinhalb Monaten in einer Kampfabstimmung an Neubaurs Seite gewählt, geht es wenige Minuten später trotz einer stärker beklatschten Bewerbungsrede nicht viel besser: 78,7 Prozent sind ebenfalls kein Traumergebnis. Neubaur sieht sich trotzdem „ausreichend gestärkt, um den eingeschlagenen Weg fortzusetzen“. Banaszak verweist auf die 40,8 Prozent, die Anfang des Jahres noch für seinen Gegenkandidaten Wolfgang Rettich gestimmt hatten. „Immerhin die Hälfte von ihnen habe ich offenbar überzeugt.“
Vielleicht sind die Ergebnisse aber neben grünenüblicher Widerborstigkeit auch schlicht Zeichen dafür, dass sich die Partei ein Jahr nach der Wahlniederlage noch weiter zurechtruckeln muss. Zwar sind nach den desaströsen 6,4 Prozent vom Mai 2017 die Umfragewerte inzwischen wieder auf zwölf Prozent gestiegen. Und in Troisdorf beschließen die Grünen als eine Konsequenz auf dem Weg zu größerer Durchschlagkraft eine massive Verkleinerung des Landesvorstands von 20 auf acht Personen. Aber die offensive Oppositionspolitik im Landtag täuscht darüber hinweg, dass die Verunsicherung in der Partei noch nicht überwunden ist.
Gegen eine ganz andere Form der gesellschaftlichen Verunsicherung hatte zum Auftakt am Freitagabend der Bundesvorsitzende Robert Habeck angeredet und damit auch bei den Linken im Landesverband einen Nerv getroffen. Einen Gegensatz zwischen Nation und Europa aufzubauen, sei „schäbig, falsch, dümmlich“. Eine Tonalität, die sich am Folgetag fortsetzt. Als die Landesdeligierten am Morgen zunächst über die Kandidaten aus NRW für die Europawahl in einem Jahr befinden, sagt der EU-Abgeordnete Sven Giegold: „Europa darf nicht an Deutschland scheitern und die deutsche Regierung darf nicht aus Bayern zu Fall gebracht werden. Wir brauchen europäische Verantwortung.“ Giegold und die junge EU-Abgeordnete Terry Reintke erhalten für 2019 breite Unterstützung.
Am frühen Nachmittag ist dann der neue verkleinerte Vorstand der Landespartei komplett - mit vier vertrauten und vier neuen Gesichtern. Hauptamtlich neben Banaszak und Neubaur sind der neue Politische Geschäftsführer Raoul Roßbach (Kreisverband Herne) und Schatzmeisterin Anja von Marenholtz-Diemer (Kreisverband Rhein-Erft). Dazu kommen ehrenamtlich Julia Mayer (Bonn), Verena Verspohl (Hochsauerlandkreis), Jan-Niclas Gesenhues (Steinfurt) und Robin Wagener (Lippe).
Dass bei der massiven Verkleinerung manche Verästelung der Partei auf der Strecke bleiben würde, war vorher klar. Besonderer Frust aber herrscht bei der Grünen Jugend NRW: Ihre bisherige Sprecherin Jule Wenzel war extra zurückgetreten, um sich in den Landesvorstand wählen zu lassen, findet für dieses Vorhaben dann aber nicht die nötige Mehrheit. Entsprechend vergrätzt reagiert der Landesvorsitzende Tim Achtermeyer: „Unsere Mitglieder fragen jetzt zu Recht: Warum stellen sich die Grünen gerne hinter unsere Banner, aber in den letzten zweieinhalb Jahren nicht hinter unsere Kandidatinnen und Kandidaten?“ Es sei bedrückend, dabei zuzusehen, „wie die Personalentscheidungen der Partei zur Frustration so vieler junger Menschen in meinem Verband führt“.