Flüchtlingsrat NRW Tausende Flüchtlingskinder ohne Schulplatz
Der Flüchtlingsrat NRW spricht von tausenden Fällen und fordert, die Schulpflicht auch schon in den Landeseinrichtungen einzuführen.
Düsseldorf. Ab der Zuweisung in die Kommunen gilt auch für Flüchtlingskinder die Schulpflicht — bis 15 Jahre in einer Regelschule, von 16 bis 18 Jahren an einem Berufskolleg. Aber nach Schätzungen des Flüchtlingsrats NRW sind in den Kommunen „mehrere tausend“ Flüchtlingskinder unversorgt. Dazu kämen noch einmal 4500 Kinder im schulpflichtigen Alter, die in Landeseinrichtungen untergebracht sind und für die die Schulpflicht wie in den meisten anderen Bundesländern daher nicht gilt.
Genaue Zahlen konnte Flüchtlingsrats-Geschäftsführerin Birgit Naujoks allerdings nicht nennen. Statistiken zu den nicht versorgten Flüchtlingskindern seien nicht verfügbar. Die Überwachung der Schulpflicht greife erst, wenn einem Kind ein Schulplatz zugeteilt worden sei.
Gemeinsam mit der Kölner Initiative „Schulplätze für alle“ fordert der Flüchtlingsrat, dass die Schulpflicht ab dem ersten Tag der kommunalen Zuweisung umgesetzt wird. „Und wir setzten uns dafür ein, dass die Schulpflicht bereits ab dem ersten Tag des Aufenthalts in Deutschland gilt“, sagt Naujoks. Das würde dann auch die Kinder in den Landeseinrichtungen einschließen. Fast 2800 der 4500 schulpflichtigen Kinder in diesen Einrichtungen sind nach Angaben des Flüchtlingsrats dort schon mehr als drei Monate untergebracht.
In den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes verbringen die Flüchtlinge die ersten Wochen bis Monate ihres Aufenthalts in Deutschland. Wer aus einem sogenannten sicheren Herkunftsland kommt, erhält seit einem Jahr gar keine kommunale Zuweisung mehr; diesen Kindern bleibt ein Schulbesuch bis zum Ende des Asylverfahrens, ihrer Ausreise oder Abschiebung also komplett verwehrt.
In Köln seien unter den Flüchtlingen derzeit 300 Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren bekannt, die nicht beschult würden, sagte Mercedes Pascual Iglesias von der Initiative „Schulplätze für alle“. „Und das sind nur diejenigen, die sich selbst beim Kommunalen Integrationszentrum gemeldet und nachgefragt haben.“
Zudem gebe es eine Warteliste mit 104 Kindern zwischen zehn und 15 Jahren, die auf einen Schulplatz warteten. „Kinder haben über die Sommerferien schon Schultüten gebastelt, sind aber nach den Ferien dann ohne Schulplatz geblieben“, sagte Iglesias. Es gebe Fälle, in denen Flüchtlinge länger als sechs Monate auf einen Platz warten müssten. Das Schulgesetz sieht eine Umsetzung binnen vier Wochen nach der Zuweisung an eine Kommune vor.
Iglesias warf den Behörden vor, Flüchtlingseltern nicht ausreichend über die Schulpflicht und das Recht auf Beschulung zu informieren. „Wir haben der Stadt Köln im Mai angeboten, die Briefe an die Eltern in alle gängigen Sprachen übersetzen zu lassen, haben aber bis jetzt keine Rückmeldung erhalten.“
Im NRW-Schulministerium wollte man die Klagen in der Form nicht bestätigen. Zur Sicherung der Schulpflicht würden regelmäßig Verwaltungsgespräche geführt. „Die dort vorgebrachten Informationen lassen inzwischen den Schluss zu, dass es zurzeit keine langen Wartezeiten gibt“, erklärte eine Sprecherin. „Allerdings bereitet zum Beispiel in Köln der fehlende Schulraum Schwierigkeiten.“
Die Sprecherin verwies darauf, dass in NRW 2015 und 2016 ingesamt 6431 zusätzliche Stellen zur Verfügung gestellt worden seien, „darunter 1200 Stellen für die Sprachförderung, die bereits zu 97 Prozent besetzt sind“. Im Haushaltsentwurf für 2017 seien noch einmal 300 Stellen für die Sprachförderung vorgesehen. „Mit diesen enormen Investitionen steht NRW im Bundesvergleich vorbildlich da.“ Die Kommunen würden über die Schulpauschale und das neue Förderprogramm „Gute Schule 2020“ unterstützt.