Wirtschaftskriminelle im Visier

Jeder zweite Verurteilte erhält in NRW eine Freiheitsstrafe.

Düsseldorf. Nach dem Eindruck von NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) verhängen die Gerichte in NRW harte Strafen gegen die sogenannten Wirtschaftskriminellen. "Nahezu jeder zweite Angeklagte hat eine Haftstrafe erhalten. Das ist deutlich mehr als im Durchschnitt der anderen Delikte", sagte sie am Mittwoch.

Tatsächlich standen im vergangenen Jahr rund 1200 Wirtschaftskriminelle für Delikte wie etwa Steuerhinterziehung oder Subventionsbetrug vor Gericht, rund 550 von ihnen erhielten zwar Haftstrafen, aber lediglich 121gingen tatsächlich ins Gefängnis - der Rest kam mit Bewährungsstrafen davon. Hingegen wurden mehr als 2200 Verfahren gegen Zahlung einer Geldsumme eingestellt, mehr als 8000 gar wegen Geringfügigkeit.

Drastisch sind die Steigerungsraten allerdings bei der Arbeit der Staatsanwaltschaften im Kampf gegen die Wirtschaftskriminalität. Im Jahr 2007 gab es rund 72000 Ermittlungsverfahren, nahezu doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Meist handele es sich jedoch um geringfügigere Delikte, sagte Müller-Piepenkötter. Vor allem Urheberrechtsverletzungen im Internet fügten oft zu umfangreichen Anzeigen - etwa beim illegalen Herunterladen von Musik. Landesweit kämpften rund 160Staatsanwälte gegen Wirtschaftskriminelle.

Deutlich größere Sorgen machen Richtern und Staatsanwälten das ungebremste Wachstum bei der Gewaltkriminalität. Mittlerweile beträgt der Anteil an der Gesamtzahl der Verurteilungen rund 12,1 Prozent - nach Angaben der Ministerin ein Höchststand. Insgesamt 22300 Personen wurden wegen Körperverletzung oder Schlimmeren verurteilt, das ist ein Prozent mehr als im Jahr 2006.

In keiner anderen Deliktgruppe ist der Anteil der Jugendlichen so hoch wie hier: Sie stellen 23,3Prozent aller Verurteilten. Dabei liegt der Anteil der Unter-18-Jährigen an der Gesamtbevölkerung bei lediglich 8,4Prozent. "Kein anderes Verbrechen ist so wichtig für das individuelle Sicherheitsgefühl der Bürger. Doch viele der Gewaltdelikte sind Schlägereien der Jugendlichen untereinander", so Müller-Piepenkötter. Warnschussprojekte wie etwa die "Gelbe Karte" trügen dazu bei, die Zahl der sogenannten Intensivtäter - also Jugendliche mit mindestens fünf Delikten - zu reduzieren.