Zwei Fehldiagnosen: Ärzte sollen zahlen
19 Jahre nach der Geburt eines behinderten Mädchens streiten sich die Ärzte vor dem Düsseldorfer Landgericht über die Unterhaltszahlungen.
Düsseldorf. Die Mediziner hatten der 46-Jährigen Mutter 1987 fälschlicherweise attestiert, nicht schwanger zu sein. Sowohl ihr Frauenarzt als auch ein von ihm eingeschalteter Pathologe hatten keine Anzeichen für baldigen Nachwuchs erkennen können. Stattdessen attestierten die Männer Wechseljahrsbeschwerden. Fatale Fehlentscheidungen: Denn die Frau trug ihr erstes Kind im Bauch.
Gewissheit gab es erst, als sie einen anderen Frauenarzt aufsuchte - da war sie bereits im sechsten Monat schwanger. In der Uni-Klinik ließ sie den Embryo auf genetische Schädigungen untersuchen. Die Ärzte teilten ihr mit, dass sie ein gesundes Mädchen zur Welt bringen würde. Eine Abtreibung kam dadurch für sie nicht mehr in Frage. Doch auch diese Diagnose stimmte nicht: Das Baby wurde im März 1988 mit einem schweren Down-Syndrom geboren.
Die 46-Jährige wollte den Gynäkologen haftbar machen und zog vor Gericht. Sie forderte Unterhaltszahlungen und die Erstattung der Kosten für den "behinderungsbedingten Mehraufwand". Das Verfahren ging durch alle Instanzen, bis schließlich der Bundesgerichtshof 1999 entschied: Der Frauenarzt muss zahlen. Er müsse auch für die Fehlentscheidung des Pathologen haften, da dieser von ihm beauftragt worden sei. "Dem Gynäkologen ist vorzuwerfen, dass er sich nicht durch ergänzende diagnostische Maßnahmen Sicherheit verschafft habe, sondern der Patientin eindeutig zu verstehen gab, dass sie nicht schwanger war", heißt es in dem Urteil.
Seitdem hat die Haftpflicht-Versicherung des Mediziners an Mutter und Kind 190 000 Euro überwiesen. Darüber hinaus muss sie alle Pflegekosten, die in der Zukunft anfallen, ebenfalls tragen. Der Streit vor Gericht geht dennoch weiter: Denn die Versicherungsgesellschaft forderte nun einen Teil der Gelder - rund 110 000 Euro - von dem Pathologen zurück. Da dieser jedoch inzwischen verstorben ist, klagt sie nun gegen die Erben des Mediziners. Eine Entscheidung will die Kammer am 21. Juni verkünden.