Zweifelhafter CDU-Sieg im Abstiegskampf

Erstmals liegt die CDU vor der SPD. Doch beide Volksparteien sind im Abwind.

Berlin. Mit stolzgeschwellter Brust verkündete die CDU gestern, was sich seit längerem angedeutet hatte: Die Christdemokraten haben die SPD bei der Mitgliederzahl überholt und sind nun die größte Partei in Deutschland. Allerdings hat auch die CDU keinen Grund zum Jubeln - bei ihr verläuft der Mitgliederschwund nur langsamer als bei der SPD.

Die Schwesterpartei CSU macht den Christdemokraten unterdessen vor, dass eine Volkspartei auch in Zeiten allgemeiner Politikverdrossenheit ihre Mitgliederzahl konstant halten kann. Weniger zu klagen über Mitgliederzahlen hat die Opposition: FDP, Grüne und Linke verzeichnen derzeit sogar Zuwächse.

Bei 530 755 liegt die Zahl der CDU-Mitglieder derzeit, die SPD-Statistik weist 529 994 eingeschriebene Genossen auf. Riesenverluste haben beide zu verbuchen: Die SPD hatte ihren Rekord 1976 mit mehr als einer Million Mitgliedern, bei der CDU lag der Höchststand bei 735 000 im Jahr 1983.

Abgesehen von einem kurzzeitigen Plus nach der Wiedervereinigung geht es seither in beiden Volksparteien bergab. Allein bei der CSU ist die Entwicklung recht stabil. Nach Parteiangaben liegt die Mitgliederzahl konstant bei etwa 167 000 - allerdings waren es 1999 noch 182 000.

Nach Expertenmeinung ist die Entwicklung für die SPD besonders schmerzhaft: "Die Sozialdemokraten haben ihren Gestaltungsanspruch für die Gesellschaft immer auch aus der Zahl ihrer Mitglieder und der Stärke ihrer Organisation bezogen", analysiert der Parteienforscher Peter Lösche. Er sagt entscheidende Veränderungen des politischen Lebens in Deutschland voraus. Während der klassische Parteifunktionär an Einfluss verliere, würden die Parlamentsabgeordneten und ihre Mitarbeiter an Bedeutung gewinnen.

Um dem Abwärtstrend entgegenzuwirken, hat die SPD die Mitgliederwerbung zur Daueraufgabe erklärt. Die CDU will ihre 2006 gestartete Mitgliederkampagne erweitern. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla hat die Parole ausgegeben, dass es im kommenden Jahr ein Plus bei der Mitgliederentwicklung geben soll. Denn bereits jetzt verbuchen die Christdemokraten mehr Ein- als Austritte. Aber wegen des Todes älterer Parteimitglieder bleibt unter dem Strich ein Minus.

Die kleinen Parteien zeigen, dass es durchaus möglich ist, die Mitgliedschaft zu erhöhen: Die FDP hat ihre Mitgliederzahl seit Anfang des Jahres um 1020 auf 65 098 Mitglieder vergrößern können, auch die Grünen vermelden ein kleines Plus von 380Mitgliedern in der ersten Hälfte diesen Jahres.

Mit derzeit 44 700 Mitgliedern liegt die Zahl damit doppelt so hoch wie bei der Gründung der Öko-Partei in den 1980er Jahren: 1981 gehörten gerade einmal 21 000 Anhänger der Alternativbewegung an. Eine Besonderheit weist die Linke auf: Auch sie verbucht einen Zuwachs, allerdings vor allem aufgrund ihrer Westausdehnung. 74 206 Mitglieder sind derzeit eingeschrieben und damit 2200 mehr als Ende 2007.