Medwedew – Putins Mann fürs Soziale

Moskau: Der liberale Marktwirtschaftler und Gazprom-Chef hat sich bislang vor allem in der Innenpolitik profiliert.

Moskau. Dmitri Medwedew konnte abwarten: Bis zuletzt hielt sich der russische Vizeregierungschef streng an die Vorgabe von Präsident Wladimir Putin, keine eigenen Ambitionen auf das Präsidentenamt zu äußern. Von seiner inneren Anspannung zeugten nur seine dunklen Augenringe, als gestern seine Kandidatur öffentlich gemacht wurde. Nach seiner Nominierung durch vier Parteien dürfte der nur 42-Jährige mit der Unterstützung Putins der nächste Präsident Russlands werden. Medwedews Bewerbung wird von der Regierungspartei Einiges Russland, von der kreml-nahen Partei Gerechtes Russland, der Agrarpartei und von der Partei Bürgerkraft unterstützt. Die Putin-Partei Einiges Russland hatte die jüngste Parlamentswahl mit mehr als 63 Prozent haushoch gewonnen.

In vielem erinnert der enge Verbündete des Präsidenten an einen gewissen Wladimir Putin vor acht Jahren. Eher klein, verfügt Medwedew mit seinem jungenhaften Gesicht nur über eine begrenzte Ausstrahlung. Seine Gesten wirken mitunter etwas unbeholfen, aber zugleich spürt man jederzeit, wie hellwach und auf den Punkt konzentriert Medwedew arbeitet.

Im staatlichen Gazprom-Konzern hat der Chef des Aufsichtsrates den Ruf, genauestens im Bilde zu sein und seine Aufgaben souverän zu beherrschen. Der größte Konzern des Landes gilt als Machtbasis des Präsidentschaftskandidaten. Medwedew ist einer der wenigen Politiker aus der Umgebung Putins, der seine Karriere nicht in den Geheimdiensten gemacht hat.

Beim Weltwirtschaftsforum Anfang des Jahres in Davos präsentierte sich der Politiker als das liberale Gesicht des neuen Russlands. Anders als Vizeregierungschef Sergej Iwanow - lange ebenfalls als möglicher Putin-Nachfolger gehandelt - versuchte Medwedew nicht, sich mit antiwestlichen Parolen zu profilieren. Stattdessen bekannte der eher dröge wirkende Politiker in Interviews seine Begeisterung für Hardrock und Jugendsprache.

Seit 17 Jahren arbeiten Putin und Medwedew eng zusammen. Der Jurist wechselte im Windschatten Putins aus der St.Petersburger Stadtverwaltung nach Moskau. Dort organisierte er zunächst als Vizechef der Kreml-Administration im Jahr 2000 Putins Präsidentschaftswahlkampf. Danach half er dem Kremlchef, seinen Einfluss im Land auszubauen. So arbeitete er an der Entmachtung des Föderationsrates mit. 2003 stieg er zum Chef der Präsidialverwaltung auf. Als Putin ihn im Jahr 2005 zum Vizerpremier machte, kamen erstmals Gerüchte auf, der Politiker sei von Putin als Nachfolger auserkoren.

In diesem Jahr lieferte sich Medwedew als inoffizieller Kandidat um die Putin-Nachfolge einen medialen Zweikampf mit Sergej Iwanow um die Gunst der Bevölkerung. Dabei durfte Medwedew im Staatsfernsehen fast nur mit guten Nachrichten glänzen. Er war für die sogenannten "Nationalen Projekte" in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Wohnungsbau und Landwirtschaft zuständig. Über eine Kandidatur sprach er nie.

Gennadij Sjuganow Der Chef der Kommunistischen Partei tritt im März zum dritten Mal als Präsidentschaftskandidat an. 1996 holte Sjuganow in der Stichwahl gegen den amtierenden Präsidenten Jelzin 40 Prozent - obwohl die Wahl ganz offensichtlich manipuliert war. Im März 2000 unterlag der KP-Chef im ersten Wahlgang mit knapp 30 Prozent Putin, der auf 53 Prozent kam. Es gilt als kaum wahrscheinlich, dass Sjuganow in die Stichwahl kommt.

Wladimir Schirinowski Der Führer der Ultranationalisten gilt trotz seines relativen Erfolgs bei der Dumawahl (8,1 Prozent) als chancenlos.

Pro-Westler Die pro-westliche Opposition ist nach ihrer Wahlniederlage (unter drei Prozent) völlig zerstritten. Die Kandidatur angekündigt hat Boris Nemzow, unter Jelzin Premier, von der Union der rechten Kräfte. Auch Ex-Premier Michail Kassjanow und Garry Kasparow wollen kandidieren. Derzeit laufen Gespräche über einen gemeinsamen Kandidaten.