Merkel ist einig mit Schäuble

Die Kanzlerin verteilt Streicheleinheiten im Bundestag — vor allem an den Finanzminister.

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Berlin. Angela Merkels ministerielle Problembären sitzen in der ersten Reihe der Regierungsbank. Und das auch noch nebeneinander. Der eine, Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), lauscht wie eingefroren der Rede der Kanzlerin, die Maut-Strapazen stehen ihm ins Gesicht geschrieben. Direkt neben ihm hat Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) seinen Platz, er kritzelt in einem gelben Hefter herum. Schäuble hat die Koalitionsturbulenzen um die Pkw-Maut kräftig befeuert. Und mit der Abschaffung des Soli bei gleichzeitiger Steuererhöhung hat er nun noch eine weitere unschöne Debatte am Hals. In der Generalaussprache des Bundestages werden beide jedoch von der Kanzlerin gestreichelt. Der eine allerdings deutlich mehr, der andere deutlich weniger. Das ist Merkels Konfliktmanagement.

Nun ist es nicht so, als ob das Tischtuch zwischen den Ministern zerschnitten wäre, weil der Badener die Maut des Bayern „sabotiert“, wie CSU-Chef Horst Seehofer ätzt. Schäuble und Dobrindt sind Profis und koalitionstreu. Während der fahrigen Rede von Oppositionsführer Gregor Gysi (Linke) stecken die beiden fast 15 Minuten lang die Köpfe zusammen. Das hat etwas von einer paartherapeutischen Sitzung, bei der geklärt werden soll, wo die Liebe hin ist.

Angela Merkel weiß natürlich um die angespannte Verfassung gerade dieser zwei Kabinettsmitglieder. Den Konflikt um die Maut hat sie — wie es ihre Art ist — wabern lassen, aber unter der Reichstagskuppel begleitet sie die Therapiestunde für alle sichtbar. Vor ihrer Rede steht sie demonstrativ hinunter gebeugt bei Schäuble, mehrere Minuten lang. Er redet, er erklärt, sie hört vor allem zu. Die Kameras klicken, erst recht, als ein Saaldiener Schäubles braunen Lederkoffer dazu stellt. Das Bild, das Merkel haben will, ist im Kasten. Die Kanzlerin ganz eng mit ihrem Finanzminister. So soll es sein.

In ihrer Erklärung, die diesmal den Schwerpunkt auf die Innenpolitik legt, zitiert sie ihn sogar. Strikte Haushaltsdisziplin müsse auch für Europa gelten. Schäubles „schwarze Null“ sei zudem generationengerecht. „Das Wirtschaften auf Pump soll endlich ein Ende haben.“ Solides Haushalten „ist Voraussetzung für die Erneuerung der Infrastruktur“. Merkel — einig mit Schäuble.

Sie geht auch auf die Maut ein. Das Konzept werde derzeit „abgestimmt“. Die Gebühr sei aber ein wichtiger Beitrag für Investitionen in den Erhalt der In-frastruktur. Dobrindt verzieht bei dieser Passage keine Miene. Vielleicht hat er ein klareres Bekenntnis der Kanzlerin erwartet. Aber erstens ist Merkel kein Fan der Maut, und zweitens ist die Beziehung mit ihrem alten Fahrensmann Schäuble naturgemäß enger und vertrauensvoller als die zum Jungspund Dobrindt. Über internen Streit spricht die Kanzlerin — wenn überhaupt — aber nur ungern. Sie will weiter über dem Kleinklein schweben. Dafür widmet sie sich ausgiebig der digitalen Agenda der Regierung, die vor allem Dobrindt verantwortet. Damit, so kann man durchaus interpretieren, hebt sie den in den vergangenen Wochen so verprügelten Bajuwaren zumindest etwas in seiner Bedeutung.

Von der Opposition gibt es Saures. Gysi schimpft: „Lassen Sie den ganzen Quatsch mit der Maut. Das bringt nichts, liebe CSU, packen Sie die einfach weg.“ Wenn Schäuble jetzt damit beginnen wolle, Straßen zu privatisieren, werde er die vor dem Haus des Ministers kaufen und sie umbenennen. Schäubles künftige Adresse laute dann „Gysi 1“. Endlich mal Gelächter im Bundestag.