Obama will die Mauern des 21. Jahrhunderts einreißen

In seiner umjubelten Rede vor der Siegessäule skizziert Obama seine Vision einer friedlichen, freien Welt.

Berlin/Washington. Es war die perfekte Rede eines politischen Superstars: Der US-Präsidentschaftsbewerber Barack Obama hat mit seinem fehlerlosen, emotionalen Auftritt vor gut 200 000 Menschen gestern Abend in Berlin die schon hohen Erwartungen noch einmal übertroffen.

In seiner gut halbstündigen Grundsatzrede sprach er sich für eine neue Partnerschaft zwischen den USA und Europa aus. Beide würden in diesem Jahrhundert "mehr miteinander tun müssen und nicht weniger". Dabei erinnerte er die Europäer auch an ihre Verpflichtungen - etwa mit Blick auf Afghanistan: "Amerika kann das nicht alleine schaffen." Der Kampf gegen den Terrorismus und für die Menschenrechte sei eine gemeinsame Aufgabe.

Für besondere Aufmerksamkeit gerade in Deutschland sorgte Obamas Bekenntnis zum Klimaschutz. Überraschend deutlich sprach er sich für eine Welt ohne Atomwaffen aus - eine sensationelle Aussage, wenn er dieses Ziel auch als US-Präsident ernsthaft verfolgen würde.

Obama sparte vor der Siegessäule nicht mit historischen Bezügen. So erinnerte er an den Beginn der deutsch-amerikanischen Freundschaft mit der Luftbrücke vor 60 Jahren. An diese Tradition sollten beide Völker anknüpfen, nachdem sie sich in der jüngsten Vergangenheit entfremdet hätten.

Geradezu begeistert reagierten die Berliner, als er die Passage mehrmals wiederholte: "Völker der Welt - schaut auf Berlin!" Die älteren Zuhörer dachten dabei sofort an den ebenso charismatischen Berliner Bürgermeister Ernst Reuter, der im September 1948 vor den Trümmern des Reichstags gerufen hatte: "Ihr Völker der Welt (...)! Schaut auf diese Stadt und erkennt, dass ihr diese Stadt und dieses Volk nicht preisgeben dürft und nicht preisgeben könnt!"

In den USA provozierte die Berliner Rede Obamas überwiegend positive Reaktionen. Er habe "wichtige Weichen gestellt für eine Vertiefung der transatlantischen Beziehungen", urteilten Kommentatoren im US-Fernsehen. Den Deutschen sowie allen Europäern sei klargemacht worden, dass Amerika hinter ihnen stehe - und dass dies "auf beiden Seiten die Bereitschaft voraussetzt, mehr Verantwortung zu übernehmen".

Demokratische Parteikollegen Obamas sprachen von einem "Glanzstück", das an die Berliner Rede von Präsident John F. Kennedys vor 45 Jahren erinnere. Unbeeindruckt zeigten sich lediglich die Republikaner. Der Auftritt vor der Siegessäule könne nicht darüber hinwegtäuschen, so Konkurrent John McCain, "dass es Barack Obama nach wie vor an einem fundamentalen Verständnis für nationale Sicherheitsthemen fehlt".