Berlin feiert „Obama-Day“

USA: Der Wahlkämpfer kam als Privatmann, wurde von den Menschen aber wie ein Superstar bejubelt.

Berlin. Mit der Siegesgöttin Viktoria im Rücken betritt Barack Obama die Bühne am Großen Stern im Berliner Tiergarten. Der Weg zum Rednerpult wird mit grellem Scheinwerferlicht erleuchtet und ist lang wie ein Laufsteg. Rhythmisch rufen einige seiner Anhänger am Bühnenrand den Slogan "Yes We Can".

Obama blickt auf fast 200000 Menschen, die sich am Abend auf der Straße des 17. Juni versammelt haben. Der Mann, der US-Präsident werden will, winkt ihnen zu, er lächelt und ruft wie ein Rockstar nach dem Konzert: "Danke!" Fünf, sechs, sieben Mal: "Danke!"

Was folgt, ähnelt politischem Rock ’n’ Roll mit viel Gefühl. "Ich begrüße die Bürger Berlins und ich danke dem deutschen Volk", summt Obama. Immer wieder im Verlauf seiner Rede wird er Berlin erwähnen, die Deutschen und ihren Weg von der Teilung zur Einheit. Hoffnung und Freiheit - das sind die Schlüsselbegriffe, die Obama mit viel Pathos vorträgt.

Es gehe darum, "die Mauern einzureißen" zwischen Rassen oder Religionen, Christen oder Muslimen. Die Partnerschaft unter den Nationen sei "der einzige Weg, die gemeinsame Sicherheit zu bewahren und die Menschlichkeit voranzubringen". Es gehe darum, einander zuzuhören, voneinander zu lernen, vor allem: einander zu vertrauen. "Amerika hat keinen besseren Partner als Europa", sagt Obama. "Nun ist die Zeit, neue Brücken zu bauen."

Die Rede vor der Siegessäule ist der Höhepunkt der Obama-Show in Berlin. Schon am Morgen haben sich vor den Gittern des Kanzleramts einige hundert Menschen versammelt und zücken ihre Handykameras, als eine Obama-Silhouette hinter dem bläulichen Glas der Skylobby des Kanzleramts zu erkennen ist.

Vor dem Kanzleramt wehen die europäische und die deutsche Flagge, der dritte Fahnenmast bleibt leer. Barack Obama ist nicht als Staatsgast, sondern "als Privatmann" angereist, wie Michael Bengsch von der Berliner Polizei betont. "Obama bezahlt den Veranstaltungsort ja auch selbst." Das sei so, als trete Michael Jackson auf.

Zu einem Superstar gehören Fans wie Nathalie Hofmann. Sie hat gerade ihr Fachabitur gemacht, ist aus München gekommen, um Obama zu sehen - eine spontane Entscheidung: "Der inspiriert sehr stark. Die Welt ist nicht zufrieden, Amerika ist nicht zufrieden. Wenn Obama Präsident wird, kann sich was ändern. Er kann die Welt verändern."

Und die Bundeskanzlerin? Eine 45-minütige Unterredung ist geplant, es wird ein einstündiges Treffen - das erste von Merkel und Obama. Der Senator kommt zwar etwas müde zu dem Termin zu Merkel. In Israel ist er um vier Uhr aufgestanden. Und doch finden die Kanzlerin und der Gast eine Gesprächsebene. Sie reden auf Englisch eine Stunde miteinander. Es geht quer durch die Weltpolitik: Iran, Irak, Afghanistan, Naher Osten, die Zukunft der Nato, der Klimawandel.

Letztlich wirken die Leute im Kanzleramt nach dem Treffen angetan. "Intelligent, präzise in der Darstellung, charismatisch", lauten die Beschreibungen für den schwarzen Senator. Merkels Berater glauben, dass sich tatsächlich etwas in der US-Außenpolitik ändern könnte - dass ein Mann an die Macht kommen könnte, der sich wirklich als Teamplayer in der Weltgemeinschaft versteht. Und nicht als einer, der die Vorgaben macht, nach der sich die anderen zu richten haben - auch wenn der George W. Bush der zweiten Amtsperiode immer auf engste Kontakte mit Merkel aus war.

Die Gemeinsamkeiten stellt später dann auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier nach seinem Gespräch mit Obama heraus. Es gebe Übereinstimmungen in der außenpolitischen Sicht auf die Krisenherde der Welt. "Ich habe bei diesem Gespräch noch mal festgestellt, dass unsere Philosophie der Außenpolitik "Kooperation statt Konfrontation" auch Ziel seiner außenpolitischen Vorstellungen ist", sagt der SPD-Vize, der sich im Gegensatz zur Kanzlerin nach dem Kennenlern-Termin mit Obama selbst Rederecht einräumte.