Obamas Berlin-Besuch lässt Amerikaner kalt
Die Berliner Rede des Präsidenten kommt in der Heimat nicht gut an — eine schwache Vorstellung.
Washington/Berlin. Die US-Fernsehsender hatten sich schönere Bilder von ihrem Präsidenten vor dem Brandenburger Tor versprochen. Die Wand aus Panzerglas zeigte Barack Obama unscharf.
Auch die rund 4500 Zuschauer waren für eine atemberaubende Kulisse zu wenig. Wie zum Kontrast zeigten sie den triumphalen Auftritt des Kandidaten Obama 2008 vor 200 000 Menschen an der Siegessäule.
Die Deutschen vergöttern Obama, meinen die Amerikaner. Amüsiert lasen sie im Präsidentschaftswahlkampf, dass 80 bis 90 Prozent den Amtsinhaber seinem republikanischen Herausforderer Mitt Romney vorziehen würden.
Sein Berlin-Besuch korrigierte die Ansicht: Kritischer seien die Deutschen nun. Erzürnt über das Ausspionieren im Internet durch die US-Regierung, enttäuscht über das gebrochene Versprechen, Guantánamo zu schließen, verärgert über Hinrichtungen per Drohnen.
Nach Berlin mitgereiste US-Reporter zeigten sich verwundert über die ihrer Ansicht nach schwache Vorstellung Obamas. „Das fühlte sich leer an“, sagte ein Korrespondent. Eine Erklärung hatte das Weiße Haus schnell parat: Die Teleprompter fielen aus, Obama musste seine Zeilen mühsam auf Papier finden — von seiner berühmten rhetorischen Sicherheit war er weit entfernt.
Doch auch der Inhalt enttäuschte in den USA. „Eingegrenzt auf politisch sicherem Boden“ seien die Worte gewesen, urteilte die „Washington Post“. Sie hätten offenbart, dass seine ehrgeizige Rhetorik nicht mit der bescheidenen Realität seiner Außenpolitik mithalten könne.
Statt die Deutschen herauszufordern, sich wieder mehr für die transatlantische Beziehung zu engagieren, habe Obama „wohlige Worte“ gewählt, die Differenzen und Irritationen übergebügelt hätten.
Das verdeutlicht der Redetext. Themen wie der Bürgerkrieg in Syrien kamen nicht vor, der Umgang mit der Supermacht China ebenso wenig. Stattdessen versuchte Obama, mit einem Thema aus dem Kalten Krieg Schlagzeilen zu machen: seinem Plan zur weiteren nuklearen Abrüstung.
Darüber berichten die US-Medien sachlich, wissen sie doch, wie aussichtslos eine Einigung mit den Russen ist. Zumal ein Waffenabkommen kaum durch den US-Kongress kommen würde.