SPD: Selters statt Sekt im Jubiläumsjahr

Ernüchterung bei den Genossen — die Partei kassiert das zweitschlechteste Bundestagsergebnis.

Berlin. Schon seit dem Nachmittag sitzen die Führungsleute der Sozialdemokraten im zweiten Stock des Willy-Brandt-Hauses zusammen. Doch was da intern an demoskopischen Zwischenständen für den Wahlausgang kursiert, sorgt für Ernüchterung. „Die Sektkorken knallen nicht“, sagt Vorstandsmitglied Ralf Stegner zu ein paar Journalisten im proppenvollen Atrium der Berliner Parteizentrale noch vor der offiziellen Schließung der Wahllokale.

Punkt 18 Uhr herrscht Gewissheit: Die SPD hat in ihrem Jubiläumsjahr zugelegt, aber mit ungefähr 26 Prozent fährt sie das zweitschlechteste Ergebnis ihrer Nachkriegsgeschichte ein. Kommt jetzt die große Koalition? Oder doch die Opposition? Um diese Fragen kreisen die Gespräche, als die ersten Hochrechnungen über die Bildschirme geflimmert sind. Die Szene hat etwas Zwiespältiges: Aus einiger Entfernung sieht es eher nach Volksfest aus. Einige Tausend Gäste sind gekommen, um den Wahlabend mitzuerleben.

Unter Schwarz-Rot habe er „gelitten wie ein Hund“, stöhnt Frank Hofmann. Er saß seit 1994 für die SPD im Bundestag und ist nicht noch einmal angetreten. „Soll die Merkel doch sehen, wie sie jetzt zu einer Mehrheit kommt“, schiebt Hofmann noch enttäuscht hinterher. Dieser Tenor setzt sich auch in den Erklärungen der Parteioberen fort. Sie habe sich einen „höheren Zuwachs erhofft“, aber jetzt sei „Frau Merkel am Zug“, erklärt Generalsekretärin Andrea Nahles der ARD.

Dann verstummen die Fernseher. Im Atrium kommt Hektik auf. Die erste Riege der SPD betritt die Bühne. Hannelore Kraft ist dabei, Frank-Walter Steinmeier und natürlich Sigmar Gabriel sowie Peer Steinbrück. Da brandet Riesen-Applaus auf. So viel Jubel herrschte vorher nur, als klar wurde, dass die FDP wohl nicht mehr in den Bundestag kommt. Parteichef Gabriel lobt Steinbrück in den höchsten Tönen. Steinbrück ist gerührt.

Aber es ist eben auch so etwas wie seine Abschiedsvorstellung. Zwar wurde Schwarz-Gelb „vom Platz gefegt“, wie Steinbrück süffisant anmerkt. Aber zu Rot-Grün hat es ganz klar nicht gelangt. Und nur dafür stand Steinbrück. „Wir haben nicht das Ergebnis erzielt, das wir wollten“, räumt er ein. Und nun? „Die Lage ist unklar, deshalb wird die SPD heute gut daran tun, keinen Spekulationen nachzugeben, wie eine Regierung aussehen könnte“, so Steinbrück.