Strategien gegen Fachkräftemangel

Stihl: Geeignete Kandidaten sucht der Weltmarktführer für Motorsägen auch bei Twitter, Facebook und Xing.

Waiblingen. Kreative Suche im Internet, frühe enge Bindung der Talente und überdurchschnittliche Bezahlung - so lauten die Antworten des Motorsägenherstellers Stihl auf den drohenden Fachkräftemangel in der deutschen Industrie. Das schwäbische Familienunternehmen sucht auch bei Twitter, Facebook und Xing nach geeigneten Kandidaten. Bei der Qualität macht der Maschinenbauer mit Sitz in Waiblingen aber keine Kompromisse.

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg ist im bundesweiten Vergleich zwar noch recht komfortabel. Stihl befindet sich bei der Suche nach Akademikern und Facharbeitern aber in einem harten Wettbewerb. "Wir konkurrieren bei den Fachkräften mit den Autobauern und Zulieferern in der Region", sagt der Stihl- Personalchef für Deutschland, Markus Dörle. Attraktive Unternehmen wie Daimler, Porsche und Bosch nehmen das Familienunternehmen bei der Jagd nach guten Leuten in die Zange.

Der Motorsägenhersteller setzt deswegen gerade beim akademischen Nachwuchs sehr früh an. "Wir haben die Zahl der Studenten im Unternehmen in den letzten Jahren deutlich nach oben geschraubt", erklärt der Personal-Manager. Pro Jahr gibt es rund 150 Stellen. "Dass wir jetzt mehr Stellen zur Verfügung stellen, das kostet uns natürlich auch mehr Geld. Aber das ist gut investiertes Geld", betont Dörle.

"In den letzten Jahren konnten wir so in der Spitze 35 bis 40 Prozent der offen Ingenieur-Stellen aus dem Pool der Studenten besetzen, die bei uns ein Praktikum gemacht, ihre Diplomarbeit geschrieben oder als Werkstudent gearbeitet haben."

Um die Fachkräfte zu binden und sich von den Mitbewerbern abzusetzen, setzt Stihl bewusst auf Abgrenzung zu den Konzernen: "Die Ingenieure, die bei uns anfangen, können ziemlich schnell ganzheitlich Verantwortung übernehmen", erklärt Dörle.

Hamburg. Bilder von alten Menschen, die verlassen auf Pflegestationen vor sich hindämmern, kennt die Direktorin der Kursana Seniorenresidenz in Hamburg-Niendorf nur aus den Medien; Klagen über fehlendes Fachpersonal von Kollegen aus anderen Einrichtungen. Bärbel Eickhoffs Personaleinsatzpläne sind gut gefüllt, hin und wieder kann sie sogar Mitarbeiter an andere Häuser verleihen.

Flexibilität heißt das Schlüsselwort und ist Teil eines Zehnpunkte-Plans, den sich die 117 Häuser der Kursana, des nach eigenen Angaben größten privaten Anbieters von Seniorenpflegeeinrichtungen in Deutschland, verordnet haben.

Erst kürzlich hatte Eickhoff einige Fachkräfte an Standorte der Gruppe in Bayern und Baden-Württemberg "ausgeliehen". Beim Personalmangel im Pflegebereich gibt es ein deutliches Nord-Süd- Gefälle, sagen Branchenvertreter. Im Süden scheiden Mitarbeiter schneller aus dem Pflegebereich aus, wenn sich andere Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt bieten.

So mag Kursana ein Ausnahmebetrieb sein, was aber nicht darüber hinwegtäuscht, dass vielerorts händeringend qualifiziertes Personal gesucht wird. "Schon jetzt fehlen für die schätzungsweise rund 2,2 Millionen Pflegebedürftigen rund 10 000 Pflegefachkräfte.

In den nächsten zehn Jahren werden mehr als 77 000 zusätzliche Fachkräfte benötigt, um dem demografischen Wandel nur halbwegs Rechnung tragen zu können", sagt Thomas Greiner, Vorstandsvorsitzender der Dussmann- Gruppe, zu der auch die Kursana-Pflegeheime gehören.

Teil seines Zehnpunkte-Plans ist daher eine flexible Gestaltung des Personaleinsatzes. So werden Mitarbeiter quasi als "Springer" für kurze Zeit an Schwesterhäuser "ausgeliehen", wenn es dort eng wird. "Inzwischen bauen wir bewusst einen entsprechenden Pool auf und versuchen bereits bei der Einstellung gezielt Leute zu gewinnen, die gern reisen", sagt Greiner.