Wahlkampf: Steuern rauf oder runter?

Die Koalition streitet vor den Wahl-Monaten um den richtigen Weg aus der Krise.

Berlin. Die Rufe der wirtschaftspolitischen Sterndeuter lassen für die kommenden Monate nichts Gutes ahnen. Seit Jahresbeginn überbieten sie sich mit schlechten Nachrichten. Inzwischen ist auch der Bundesregierung klar, dass ihre Konjunkturprognose von Anfang des Jahres, die nur von einem wirtschaftlichen Einbruch um rund 2,25 Prozent ausging, nicht mehr zu halten ist. Pessimisten, voran die Analysten der Banken, gehen von einem Minus von fünf bis sieben Prozent aus. Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aus den Osterferien zurück ist, kommen neue Zahlen auf den Tisch.

Der Dauerwahlkampf des Jahres 2009, beginnend mit der Präsidentschaftswahl am 23.Mai über die Europa-Wahl am 7. Juni, zahlreiche Kommunal- und Landtagswahlen bis hin zur Bundestagswahl am 27. September, steht also unter dem Vorzeichen der Rezession.

Auch wenn die Ursachen andere sind, im Kern sind die Probleme dieselben wie vor vier Jahren: hohe öffentliche Verschuldung und massive Angst vor Arbeitslosigkeit. Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) denkt schon darüber nach, das Kurzarbeitergeld ein weiteres Mal auszuweiten, wenn der Negativ-Trend anhält. Was ist also zu tun: Steuern rauf oder runter?

Die SPD will Steuern erhöhen - für Reiche. Die stellvertretende Parteivorsitzende Andrea Nahles kündigt an, ihre Partei ziehe mit dieser Forderung in den Wahlkampf. Am Wochenende soll dies beschlossen werden. Bis dahin werde geklärt, wie die Reichen zur Kasse gebeten werden sollen, über eine Reichensteuer oder eine Wiedereinführung der Vermögensteuer.

SPD-Vize Peer Steinbrück liebäugelt damit, den Spitzensteuersatz von 45 Prozent anzuheben und die Grenzen, von denen an dieser Satz gelten soll, zu halbieren: für Verheiratete von 500.000 Euro auf 250.000 und für Singles von 250.000 Euro auf 125.000. Nahles gibt vor, damit genau die treffen zu können, die in den vergangenen Jahren von jenen "Spekulationsblasen" besonders profitiert haben, die letztlich in die Krise führten.

CDU und CSU wollen die Steuern senken. Die CSU hatte dabei bereits im vergangenen Jahr den Takt vorgegeben. Anfang 2009 griff CDU-Chefin Merkel die Steuersenkungsüberlegungen auf. Die Schwesterparteien haben bisher jedoch keine gemeinsame Position gefunden. "Wir brauchen eine breite Entlastung für jedermann", sagt Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU). CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla klingt wesentlich zurückhaltender.

Das ins Auge gefasste Steuerentlastungsvolumen dürfte zwar weit entfernt sein von den 25 bis 30 Milliarden Euro, die die FDP anvisiert. Die CSU will gesetzlich festschreiben lassen, dass in Zukunft ein Drittel des Wirtschaftswachstums in Deutschland für Steuerentlastungen genommen werden muss.

"Im Fall von Wirtschaftswachstum soll künftig ein Drittel der Mehreinnahmen in den Schuldenabbau, ein Drittel in die Steuerentlastung und ein Drittel in die normale Haushaltsbewirtschaftung fließen", sagte CSU-Chef Horst Seehofer. Dies sei eine neue Grundregel, die die CSU entwickelt habe und für die seine Partei kämpfen werde. Bis zum 29. Juni haben CDU und CSU Zeit, ihre Positionen abzugleichen. Dann wollen sie ihr Wahlprogramm vorlegen.